Entscheidungsstichwort (Thema)

Bescheidungsurteil bei kombinierter Anfechtungs- und Leistungsklage im Bereich der gebundenen Verwaltung. Befugnis des Bewertungsausschusses im Zusammenhang mit dem Regelleistungsvolumen. Bindung der Vertragspartner der Honorarverteilungsverträge. Vergütung von stationären Anästhesieleistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens auch bei belegärztlicher Anforderung

 

Orientierungssatz

1. Unter bestimmten Voraussetzungen kann bei der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auch im Bereich der gebundenen Verwaltung ein Bescheidungsurteil statthaft sein (vgl BSG vom 10.12.2008 - B 6 KA 45/07 R).

2. Der Bewertungsausschuss ist nicht nur zu mengenbegrenzenden Regelungen befugt. Er hat mit der Ausnahme bestimmter Leistungen vom Regelleistungsvolumen gemäß Abschnitt III.4.1 des Beschlusses vom 29.10.2004 seine Befugnisse nicht überschritten, auch wenn einzelne dort aufgeführte Leistungen einer Mengenausweitung zugänglich sein mögen und somit andere sachliche Gesichtspunkte für den Bewertungsausschuss maßgeblich waren.

3. Soweit der Bewertungsausschuss im Rahmen seiner Befugnisse Regelungen getroffen hat, sind die Vertragspartner des Honorarverteilungsvertrages nicht befugt, hiervon eigenmächtig abzuweichen.

4. Stationäre Leistungen der Anästhesie sind außerhalb des Regelleistungsvolumens zu vergüten, auch wenn sie auf belegärztliche Anforderung hin erbracht wurden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.08.2010; Aktenzeichen B 6 KA 25/09 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 22. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 28.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Honorarhöhe in den Quartalen II und III/05, wobei sich die Beklagte mit der Berufung gegen die Verpflichtung wendet, bestimmte belegärztliche Leistungen sowie weitere Leistungen gemäß Abschnitt III. 4.1 des Beschlusses des Bewertungsauschusses zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V (93. Sitzung am 29. Oktober 2004 mit Wirkung zum 1. Januar 2005 - DÄBl. 2004, Heft 46, S. A- 3129, kurz: BRLV) außerhalb des praxisindividuellen Regelleistungsvolumens zu vergüten.

Die Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung (HVV) in der ab 1. April 2005 geltenden Fassung (Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10. November 2005) enthält unter Ziffer 6.3 (Bildung des praxisindividuellen Regelleistungsvolumens) folgende Regelungen:

"Die Bewertung der Honorarforderungen einer Praxis, die der Honorargruppen A2/B2 bzw. einer entsprechenden Honorar(unter)gruppe zugeordnet sind, erfolgt auf Basis eines Regelleistungsvolumens, soweit für die in der Praxis vertretenen Arztgruppen gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen benannt sind. Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimmt sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte einer Praxis zu einer in der Anlage 1 angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen. Bei Gemeinschaftspraxen bestimmt sich die Höhe der in der einzelnen Altersklasse zutreffenden Fallpunktzahl als arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte (gemäß Zuordnung entsprechend Anlage zu Ziffer 6.3) verbunden mit folgender Zuschlagsregelung:

- 130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Gemeinschaftspraxen sowie bei Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung gemäß Angestellten-Ärzte-Richtlinien unterliegen,

alternativ

- 30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Gemeinschaftspraxis repräsentiertem Fachgebiet oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte.

Bei der Ermittlung der Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 keine arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert sind, unberücksichtigt.

Die Zuschlagsregelung findet keine Anwendung bei Praxen mit angestellten Ärzten bzw. zugelassenen Ärzten, die einer Leistungsbeschränkung gemäß ... Bedarfsplanungsrichtlinien bzw. Angestellten-Ärzte-Richtlinien unterliegen. Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl in den einzelnen Altersklassen nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit bzw. dem Versorgungsauftrag mit dem der Arzt bzw. Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.

Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimmt sich dann aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal nach vorstehender Vorgabe ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten Fallzahlen in die verschiedenen Alte...

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