Leitsatz (redaktionell)

Nach § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II können die Bedarfe für Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Dies ist nach § 22 Abs. 7 S. 3 Nr. 1 SGB II insbesondere der Fall, wenn Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigten.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 7 Sätze 2, 3 Nr. 1; BGB § 543

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.05.2023; Aktenzeichen B 4 AS 42/23 AR)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Auszahlung der Kosten der Unterkunft an die Stadt A-Stadt.

Die 1953 geborene Klägerin bezog bis April 2019 Leistungen von dem Beklagten.

Aufgrund einer Einweisungsverfügung der Stadt A-Stadt - Amt für Wohnungshilfen und Soziales - Obdachlosenhilfe - vom 15. September 2016 (Bl. 2074 der Verwaltungsakte) wurde die Klägerin ab dem 18. August 2016 bis auf weiteres in die als Notunterkunft zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten in der A-Straße, A-Stadt eingewiesen, da anderenfalls Obdachlosigkeit drohte. Für die monatliche Nutzungsentschädigung wurde für die Unterkunft ein Nutzungsentgelt festgesetzt, bestehend aus einer Grundmiete in Höhe von 270 Euro, Betriebskosten in Höhe von 110 Euro und Heizkosten in Höhe von 141 Euro, d.h. Kosten in Höhe von 521 Euro. Zusätzlich wurden Kosten für Strom in Höhe von 75 Euro festgesetzt (Bl. 2073 der Verwaltungsakte).

Die Kosten der Unterkunft in Höhe von 521 Euro wurden daraufhin von dem Beklagten u.a. mit Bescheid vom 26. September 2016 (Zeitraum Oktober 2016 bis September 2017, Bl. 2094 der Verwaltungsakte) bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt und bis einschließlich Dezember 2016 an die Klägerin ausgezahlt. Die Klägerin hatte aber nur einen Teil der Kosten in Höhe von 380 Euro monatlich an die Stadt A-Stadt gezahlt (siehe Bl. 13 bis 15, 32 bis 36 der Gerichtsakte). Insbesondere nutzte sie einen Teil der gewährten Unterkunftsleistungen, um einen Vertrag mit den Stadtwerken A-Stadt zur Lieferung von Gas/Heizung in Höhe von 38 Euro zu bedienen. Die Klägerin hatte einen bereits vor Einweisung in der Notunterkunft mit den Stadtwerken A-Stadt bestehenden Vertrag bezüglich ihrer alten Wohnung auf die neue Unterkunft umgemeldet.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 (Bl. 2136 der Verwaltungsakte) teilte die Stadt A-Stadt mit, dass Mietrückstände in Höhe von 961,56 Euro bestehen würden und bat um Abzweigung ihrer Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Der Beklagte zahlte daraufhin auf der Grundlage des Änderungsbescheides vom 12. Dezember 2016 (Bl. 2138 der Verwaltungsakte) ab 1. Januar 2017 diese Leistungen (521 Euro) direkt an die Stadt A-Stadt aus. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass entsprechend dem Schreiben der Stadt A-Stadt vom 8. Dezember 2016 Mietrückstände entstanden seien. Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 2016 (Bl. 2145 der Verwaltungsakte) Widerspruch ein. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2017 (Bl. 2195 der Verwaltungsakte) zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass nach § 22 Abs. 7 Sozialgesetzbuch -SGB II- die Leistungen an den Vermieter gezahlt werden sollen, wenn Mietrückstände bestehen. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Entsprechend sei die Klägerin über den Wechsel der Mietauszahlung informiert worden.

Dagegen richtet sich die am 1. April 2017 bei dem Sozialgericht -SG- Frankfurt am Main erhobene Klage. Die Klägerin wies den Vorwurf zurück, dass die Leistungen nicht zweckentsprechend verwendet würden. Es sei weder von Mietrückständen noch von Rückständen für Gasabschlagszahlungen/Heizkosten auszugehen. Sie sei seit Jahren Vertragspartnerin bei den Stadtwerken und sonst bei niemanden. Sie zahle angemessene Abschlagszahlungen in Höhe von 38 Euro direkt an die Stadtwerke. Die unangemessenen Abschlagszahlungen in Höhe von 141 Euro seien von der Stadtverwaltung festgesetzt worden, aber nicht an die Stadtwerke gezahlt worden. Was mit den 141 Euro geschehe, sei ihr nicht bekannt. Ihr drohe die Abstellung der Gaszufuhr, wenn sie die Abschlagszahlungen nicht leiste.

Die Klägerin beantragte, die Beklagte zu verurteilen, die Mietzahlungen, Nebenkosten, Gasabschlagszahlungen an sie auszuzahlen. Der Beklagte trat dem entgegen und verwies auf die Begründung im Widerspruchsbescheid.

Mit Schreiben vom 3. November 2021 hörte das Gericht die Beteiligten zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid an.

Mit Gerichtsbescheid vom 30. Dezember 2021 wies das SG Frankfurt am Main die Klage ab.

Das Gericht könne gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG- ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsb...

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