Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Unverwertbarkeit eines Miteigentumsanteils. nicht selbst, aber von den anderen Miteigentümern genutztes Hausgrundstück. ernstliche Geltendmachung einer Auflösung der Eigentümergemeinschaft

 

Orientierungssatz

1. Für einen nur ideellen Grundstücksanteil in einer Eigentümergemeinschaft von Verwandten (hier: Miteigentum an einem von den anderen Miteigentümern selbst genutzten Hausgrundstück) besteht regelmäßig keine Verwertungsmöglichkeit am Markt, so dass der Eigentumsanteil kein verwertbares Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB 2 darstellt.

2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn glaubhaft dargelegt wird, dass die weiteren Mitglieder der Eigentümergemeinschaft zur einer Übernahme des betroffenen Eigentumsanteils und einer entsprechenden Auszahlung des hilfebedürftigen Miteigentümers nicht in der Lage oder jedenfalls nicht bereit sind.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. Juli 2007 aufgehoben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 26. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2007 verurteilt, die für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 30. April 2007 erbrachten Leistungen nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss zu gewähren.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger beider Instanzen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 30. April 2007 zu Recht lediglich als Darlehen und nicht als Zuschuss erbracht hat.

Der 1966 geborene Kläger zu 1. und die 1972 geborene Klägerin zu 2. stellten am 1. November 2006 für sich und ihre 1996, 1998 und 2001 geborenen Kinder, die Kläger zu 3. bis 5., Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Zuvor bezog der Kläger zu 1. Arbeitslosengeld. Im Rahmen der Antragstellung gab der Kläger zu 1. u. a. an, zusammen mit F. D. und G. D., seinen Brüdern, Miteigentümer eines bebauten Grundstückes zu sein, woraus ihm jedoch weder Miete noch Pacht zufließe. Aus dem hierzu vorgelegten Grundbuchauszug des Amtsgerichts A-Stadt geht hervor, dass der Kläger zu 1. und seine beiden genannten Brüder seit dem 28. Januar 1993 jeweils zu einem Drittel Eigentümer des Hausgrundstückes in der H-Straße in H-Stadt sind. Aus Anlass des Kaufs wurde eine Grundschuld in Höhe von 250.000,00 DM eingetragen. Der Kläger zu 1. gab weiter an, die Schulden seien mittlerweile getilgt. Seine beiden Brüder würden in dem Haus wohnen. Im Übrigen legte er ein Verkehrswertgutachten des Dipl.-Ing. J. J. vom 13. Juli 2005 vor. Dieser führte aus, das Gebäude müsse saniert werden und es sei keine Heizung vorhanden. Der Sachwert belaufe sich auf gesamt 154.000,00 €, der Verkehrswert auf 108.000,00 €. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 5. Januar 2007 den Antrag der Kläger mit der Begründung ab, Hilfebedürftigkeit sei nicht gegeben, weil das zu berücksichtigende Vermögen von 36.000,00 € die Grundfreibeträge von 24.150,00 € übersteige.

Nachdem die Kläger bei dem Sozialgericht Darmstadt am 22. Februar 2007 um einstweiligen Rechtschutz nachgesucht hatten, bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 26. Februar 2007 Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 30. April 2007 in Höhe von 1.475,19 € monatlich als Darlehen.

Die Kläger erhoben Widerspruch am 26. März 2007 und machten geltend, sie verfügten nicht über verwertbares Vermögen, so dass eine lediglich darlehensweise Leistungsgewährung nicht in Betracht komme.

Durch Widerspruchsbescheid vom 29. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach der Beurteilung des Gutachters J. in seinem Gutachten vom 13. Juli 2005 habe die Immobilie, dessen Eigentümer der Kläger zu 1. zu einem Drittel sei, trotz der festgestellten Renovierungsbedürftigkeit einen Verkehrswert in Höhe von 108.000,00 €. Es sei davon auszugehen, dass der Anteil des Klägers zu 1. durch Verkauf - ggf. auch an dessen Brüder - oder durch Beleihung des Anteils verwertbar sei. Die Verwertung stelle auch keine besondere Härte dar. Die bloße Möglichkeit, dass ein potentieller Käufer die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft fordern könne, sei für eine besondere Härte nicht ausreichend, zumal diese Möglichkeit durch einen Eigenerwerb der anderen Anteilseigentümer ausgeschlossen werden könne. Weiterhin treffe dieses Risiko jede in dieser Art rechtlich verbundene Gemeinschaft, so dass allein aus der zivilrechtlichen Möglichkeit, die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) für diese Gemeinschaften bereit halte, keine besondere Härte hergeleitet werden könne. Unter weiterer Berücksichtigung der Rückkaufwerte dreier Unfallversicherungen mit Beitragsrückgewähr ergebe sich ein Gesamtvermögen von 41.136,91 €. Demgegenüber beliefen sich die zu berücksichtigenden Freibeträge auf gesamt 14.850,00 €, so dass ein Vermögensüb...

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