nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Kostenübernahme der laserinduzierten interstitiellen Thermotherapie

 

Orientierungssatz

1. Bei der laserinduzierten interstitiellen Thermotherapie (LITT) handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode iS von § 92 Abs 2 iVm § 135 SGB 5, die ambulant nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen ist, wenn bereits zum Zeitpunkt der Behandlung eine positive Empfehlung des Bundesausschusses vorliegt. Das ist nicht der Fall.

2. Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 = BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 ergibt sich kein anderes Ergebnis.

3. Die für die Leistungspflicht der Krankenkassen in Bezug auf neue Behandlungsmethoden formulierte Voraussetzung, dass "eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht", ist nicht bereits dann erfüllt, wenn auch in Bezug auf eine in Betracht kommende Standardtherapie kein vollständiger Wirksamkeitsnachweis vorliegt, sondern erst dann, wenn die neue Behandlungsmethode das letzte seriös in Betracht kommende Mittel ist.

 

Nachgehend

BSG (Entscheidung vom 23.07.2008; Aktenzeichen B 14 KR 23/07 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für eine laserinduzierte interstitielle Thermotherapie (LITT).

Bei der 1951 geborenen Klägerin wurde 2002 ein primär hepatisch (in die Leber) metastasierendes Mama-Karzinom links festgestellt. Dieser Tumor wurde am 15. Juli 2002 in der Frauenklinik der Städtischen Klinik in H operativ entfernt. Im Anschluss daran (zwischen August und November 2002) erfolgten weitere stationäre Aufenthalte der Klägerin in der Universitätsklinik F, bei denen eine intraarterielle Chemoembolisation der Lebermetastasen durchgeführt wurde.

Am 21. November 2002 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten eine von ihr beabsichtigten LITT zur Zerstörung der Lebermetastasen unter Vorlage einer befürwortenden ärztlichen Bescheinigung des Direktors des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums F Prof. Dr. V. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 22. November 2002 ab und wies den Widerspruch der Klägerin vom 3. Dezember 2002 mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2003 zurück. Die beantragte LITT habe bisher keinen Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden. Nach einem Grundsatzgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) sei die Wirksamkeit der LITT bisher nicht nachgewiesen.

Die Klägerin hat am 1. April 2003 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben und die Erstattung der Kosten der vom 10. bis 12. Dezember 2002 durch Prof. Dr. V ambulant durchgeführten LITT-Behandlung in Höhe von 4.752,93 € begehrt. Sie hat geltend gemacht, die LITT sei die einzige Behandlungsmöglichkeit gewesen. Es handele sich nicht um irgendeine Außenseitermethode, sondern um ein inzwischen von vielen Hochschulen und Kliniken durchgeführtes Verfahren, das mit großem Erfolg angewandt werde. Die Nichtanerkennung dieser Methode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss stelle ein Systemversagen dar.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21. März 2005 die Klage abgewiesen. Nach § 135 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in entsprechenden Richtlinien eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der jeweiligen Therapierichtung abgegeben habe. Eine solche positive Empfehlung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen liege in Bezug auf die LITT nicht vor. Im Falle einer solchen fehlenden positiven Empfehlung komme ein Kostenerstattungsanspruch nur im Fall des "Systemversagens" in Betracht, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode darauf zurückzuführen sei, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden sei. Nur ausnahmsweise, wenn ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher Kenntnisse auf erhebliche Schwierigkeiten stoße, dürfe darauf abgestellt werden, ob sich die neue Behandlungsmethode in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. Hierzu werden vorausgesetzt, dass die Wirksamkeit der neuen Behandlungsmethode durch wissenschaftlich einwandfrei geführte Statistiken belegt sei. Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand sei die LITT ein experimentelles Verfahren, dass ausschließlich im Rahmen ko...

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