Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Beendigung des Arbeitsverhältnisses – des Beschäftigungsverhältnisses. Abfindung. lange Krankheit. Ende des Krankengeldes. Aussteuerung. kein Lohnanspruch bei Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Wird wegen langer Krankheit ein Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der Kündigungsfrist geschlossen, führt die vereinbarte Abfindung auch dann nicht zum Ruhen des Arbeitslosengeld-Anspruchs, wenn sich die Arbeitnehmerin später wegen Ende des Krankengeldbezuges (Aussteuerung) aber vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei dem Arbeitsamt arbeitslos meldet.

Bei weiterbestehender Arbeitsunfähigkeit besteht kein Lohnanspruch; die gezahlte Abfindung kann damit keinen Lohnanspruch (teilweise) ersetzen.

Es bleibt offen, ob für die Zeit vor Inkrafttreten des FKPG vom 23.06.1993 und Einfügung des § 117 Abs. 3 a AFG ein Ende des Beschäftigungsverhältnisses bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen konnte.

 

Normenkette

AFG § 117 Abs. 2, 3a; BGB § 611; SGB V § 48

 

Verfahrensgang

SG Fulda (Urteil vom 21.07.1994; Aktenzeichen S-1c/Ar-527/93)

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.02.1997; Aktenzeichen 2 BU 316/96)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 21. Juli 1994 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 14. bis 22. Mai 1993.

Die 1939 geborene Klägerin hat einen anerkannten Behinderungsgrad von 40 %, ist einer Schwerbehinderten gleichgestellt und war ab 1974 bei der B.-AG als Montagearbeiterin und zuletzt als Registratorin beschäftigt. Seit 30. September 1991 war die Klägerin arbeitsunfähig und bezog Krankengeld bis 11. Mai 1993. Mit Aufhebungsvertrag vom 19. Dezember 1992 vereinbarten die Klägerin und die B.-BSH die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1993. Es wurde eine zum 30. Juni 1993 fällige Abfindung in Höhe eines Bruttomonatslohnes von DM 3.026,– vereinbart.

Am 14. Mai 1993 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos, stellte sich der Vermittlung im Rahmen ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit zur Verfügung und beantragte Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 25. August 1993 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld für 832 Leistungstage ab 1. Juli 1993. Hiergegen hat die Klägerin am 13. September 1993 Widerspruch erhoben und zur Begründung u.a. vorgetragen, es gebe keinerlei Rechtsgrundlage für einen verspäteten Leistungsbeginn.

Mit Bescheid vom 16. September 1993 stellte die Beklagte das Ruhen des Leistungsanspruchs der Klägerin wegen der erhaltenen Abfindung bis zum 22. Mai 1993 (Samstag) fest. Mit weiterem Bescheid vom 22. September 1993 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. Mai bis 30. Juni 1993.

Am 29. September 1993 erhob die Klägerin Widerspruch auch gegen den Bescheid vom 16. September 1993 mit der Begründung, daß eine über halbjährige Kündigungsfrist eingehalten worden sei und bei den Aufhebungsverhandlungen Vertreter der Hauptfürsorgestelle anwesend gewesen seien und der Regelung zugestimmt hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1993 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, nach Sinn und Zweck des § 117 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sollte der Doppelbezug von Arbeitsentgelt und Arbeitslosengeld verhindert werden. In jedem Fall sei die dem § 117 Abs. 2 AFG zugrundeliegende Vermutung gerechtfertigt, daß auch eine bei lediglich vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gezahlte Abfindung in pauschalem Umfang auch Arbeitsentgelt enthalte.

Hiergegen hat die Klägerin am 27. Oktober 1993 Klage erhoben und im wesentlichen vorgetragen, aus gesundheitlichen Gründen habe sie die erforderliche Arbeitsleistung nicht mehr vollständig erbringen können, so daß sie schon seit längerer Zeit arbeitsunfähig krank gewesen sei. Unter Einhaltung der halbjährigen Kündigungsfrist sei mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle (eine betriebsbedingte Kündigung hätte anderenfalls angestanden) der Aufhebungsvertrag geschlossen worden. Da die Aussteuerung vom Krankengeld-Bezug erfolgt sei, habe sie sich ab 14. Mai 1993 arbeitslos melden müssen.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft eingeholt bei …-BSH vom 28. März 1994. Darin wurde bestätigt, daß die unterschriebene Aufhebungsvereinbarung keine Abfindung vorgesehen habe. Nach Intervention des Rechtssekretärs des DGB sei eine Abfindung in Höhe eines Bruttomonatslohnes zugesagt worden und daraufhin dem Aufhebungsvertrag zugestimmt worden. Die zum 30. Juni 1993 fällige Abfindung sei am 21. Juni 1993 überwiesen worden. Die entsprechende schriftliche Zusage vom 11. Dezember 1992 wurde beigefügt.

Mit Urteil vom 21. Juli 1994 hat das Sozialgericht Fulda unter Zulassung der Berufung die angefochtenen Bescheide vom 16. September und vom 14. Oktober 1...

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