Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für "Angehörige" i.S.d. NATO-Truppenstatuts. Unbeachtlichkeit des Status als "Angehöriger". Dauer der Unbeachtlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Durch die Aufnahme eines nach deutschem Recht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses wird der Status als "Angehöriger" iS des NATO-Truppenstatutes für eine deutsche Staatsangehörige im Rahmen des Systems der sozialen Sicherheit unbeachtlich. Diese Unbeachtlichkeit endet erst dann, wenn der "Angehörige" dem NATO-Truppenmitglied an einen Ort außerhalb des Bundesgebietes folgt und seinen inländischen Wohnsitz aufgibt. Dem "Angehörigen" steht deshalb nicht nur für die Dauer der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ein Anspruch für seine im Geltungsbereich des Bundeskindergeldgesetzes lebenden Kinder zu, sondern auch für einen Zwischenzeitraum, in dem ein solches versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht besteht.

 

Normenkette

NATOTrStat Art. 1 Abs. 1c; NATOTrStatZAbk Art. 13 Abs. 1; BKGG §§ 1-2

 

Verfahrensgang

SG Darmstadt (Urteil vom 24.04.1987; Aktenzeichen S-12/Kg-30/85)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 24. April 1987 sowie der Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 1985 und der Widerspruchsbescheid vom 19. August 1985 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat der Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Klägerin zum Bezug von Kindergeld für die Zeit von Februar 1985 bis einschließlich Juni 1985.

Die Klägerin ist 1952 geboren. Sie ist deutsche Staatsangehörige. Die Klägerin ist seit 1972 mit dem US-amerikanischen Staatsbürger R. St. verheiratet. Aus dieser Ehe sind die Kinder R. (geb. 23. August 1972) und Ch. (geb. 28. Januar 1975) hervorgegangen. Der Ehemann der Klägerin ist Mitglied der US-Army. Er war zwischen 1983 und 1986 in der Bundesrepublik Deutschland stationiert.

Im Dezember 1982 zog die Klägerin mit ihrer Familie nach Darmstadt. Eis zu diesem Zeitpunkt hatte sie in den USA gelebt.

Nach ihrem Umzug nach Darmstadt stand die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland erstmals ab dem 22. August 1983 in einem Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Dieses Beschäftigungsverhältnis mit Firma W. GmbH endete am 31. August 1984. Anschließend meldete sich die Klägerin arbeitslos. Sie bezog bis zur Anspruchserschöpfung am 9. Januar 1985 Arbeitslosengeld. Einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe stellte die Klägerin nicht. Die Aufgabe ihrer Tätigkeit teilte die Klägerin der Kindergeldkasse der Beklagten mit Schreiben vom 6. Februar 1985 mit. Im Juli 1985 nahm die Klägerin erneut ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auf. Am 4. Juni 1986 übersiedelte sie mit ihrer Familie wieder in die USA. Während des streitbefangenen Zeitraums erhielten weder die Klägerin noch deren Ehemann anderweitige kindergeldähnliche Leistungen.

In der Zeit von August 1983 bis einschließlich Januar 1985 bezog die Klägerin für ihre Kinder R. und Ch. von der Beklagten Kindergeld. Die Bewilligung dieses Kindergeldes war letztmals durch Bescheid vom 16. April 1984 erfolgt. Mit Ablauf des Monats Dezember 1984 wurde die Kindergeldzahlung eingestellt. Die Nachzahlung Januar 1985 erfolgte im Juni desselben Jahres. Zuvor war der Klägerin durch Schreiben der Beklagten vom 17. Dezember 1984 mitgeteilt worden, über die Weiterzahlung des Kindergeldes ab Januar 1985 könne erst dann entschieden werden, wenn eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses vorgelegt werde.

Ab Juli 1985 bis zu ihrem Wegzug in die USA erhielt die Klägerin erneut Kindergeld bewilligt.

Durch Bescheid vom 16. Juni 1985 entschied die Geklagte, im Hinblick auf § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch X werde die Bewilligung des Kindergeldes ab Februar 1985 aufgehoben. Da die Klägerin mit dem Mitglied einer ausländischen Truppe der NATO-Streitkräfte verheiratet sei, seien die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit nicht anzuwenden, so daß Kindergeld nicht mehr beansprucht werden könne. Da weder eine der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterliegende Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgeübt werde, noch Leistungen bei Arbeitslosigkeit oder sonstige Sozialleistungen bezogen würden, komme auch die insoweit geltende Ausnahmeregelung zum NATO-Truppenstatut bzw. zum Zusatzabkommen nicht in Betracht. Mit Ablauf des Monats Januar 1985 seien damit die Voraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld weggefallen.

Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 19. August 1985 zurückgewiesen.

Die am 7. September 1985 erhobene Klage hat das Sozialgericht durch Urteil vom 24. April 1987 - unter gleichzeitiger Zulassung der Berufung - abgewiesen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, ab Februar 1985 sei nach § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 4 Sozialgesetzbuch X eine Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse einget...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge