Entscheidungsstichwort (Thema)

SGB IV

 

Leitsatz (amtlich)

Auf laufende Beschäftigungen, die vor dem 31. März 2022 begonnen haben, findet im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens § 7a SGB IV in der bis zum 31. März 2022 geltenden Fassung Anwendung.

Eine nebenberufliche Dozentin an einer Schule, die auf die Erlangung eines staatlich anerkannten Bildungsabschlusses (Altenpflege) gerichtet ist, ist abhängig beschäftigt, wenn sie als Vertretungskraft für andere Lehrer tätig wird, im Rahmen des Unterrichts Vorgaben des Lehrplans zu beachten und den Leistungsstand der Schüler zu kontrollieren hat.

Zur Frage der Geringfügigkeit einer Beschäftigung, welche bei der Zusammenrechnung mit einer anderen geringfügigen Beschäftigung die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in der Berufungsinstanz. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird endgültig auf 5.000,-- € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Statusfeststellung über die Frage der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in ihrer Tätigkeit als nebenberufliche Lehrkraft für Pflegeberufe.

Die Klägerin ist Trägerin des Aus- und Fortbildungsinstituts A-Stadt, an dem überregional staatlich examinierte Altenpflegerinnen und Altenpfleger sowie Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer ausgebildet werden. Die Beigeladene zu 1) ist hauptberuflich versicherungspflichtig als Altenpflegerin in einem Hospiz beschäftigt. Am 16. Januar 2017 schloss sie mit der Klägerin einen Dozentenvertrag, mit dem sich die Beigeladene zu 1) zur Durchführung von Unterricht in den pflegerelevanten Lernfeldern der Lernbereiche I bis IV des theoretischen und fachpraktischen Unterrichtes entsprechend den geltenden Verordnungen über Ausbildung und Prüfung in der Altenpflege und Altenpflegehilfe im Umfang von ca. 80 Stunden im Jahr verpflichtete; die Unterrichtstermine würden mit dem Auftragnehmer verbindlich vereinbart (§ 2). Der zeitliche Umfang (Unterrichtszeiten) und die Inhalte des Unterrichts seien zwischen den Vertragsparteien vor Vertragsschluss einvernehmlich zu vereinbaren und Bestandteil des Vertrags. Etwaige Änderungen und Verlegungen der Unterrichtsstunden würden ausschließlich einvernehmlich vorgenommen (§ 3). Vereinbart wurde eine Vergütung von 30 Euro pro Unterrichtsstunde à 45 Minuten. Der fachpraktische Unterricht werde mit einem Stundenhonorar von 26 Euro pro Zeitstunde honoriert. Die anfallenden Fahrtkosten für die Praktikumsbesuche würden mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer vergütet (§ 5). Der Auftraggeber erteile dem Auftragnehmer keine methodischen oder didaktischen Weisungen, dieser sei nicht weisungsgebunden (§ 9). Ein festes Arbeitsverhältnis wollten beide Parteien nicht begründen (§ 11). Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf Bl. 14 ff der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Am 14. August 2019 beantragte die Beigeladene zu 1) die Statusfeststellung für ihre Tätigkeit als Lehrkraft mit dem Ziel der Feststellung, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Zu ihrer Tätigkeit erklärte sie u.a., die Verteilung der Arbeitszeit erfolge mittels Vorschlag und Anfrage des Instituts. Die Unterrichtszeiten seien im Stundenplan festgelegt. Klausuren würden benotet, an Notenkonferenzen müsse sie nicht teilnehmen. Zu beachten sei der Rahmenlehrplan Altenpflege und Altenpflegehilfe. Die Beigeladene zu 1) legte Rechnungen über Prüfungsabnahmen, Praxisbesuche und Examensprüfungen beginnend ab 12. Juli 2017 vor, aus denen sich ergab, dass sie jeweils an einzelnen Tagen an der Schule der Klägerin halb- oder ganztags theoretischen Unterricht in verschiedenen Fächern der Altenpflege erteilt hatte („Tagesgestaltung und Aktivitäten“; „Theoret. Grundlagen einbeziehen“, „Lebenswelten/soz. Netzwerke alter Menschen“). Ferner nahm sie Praxisbesuche vor und war an der Abnahme von Prüfungen beteiligt. Die darüber von der Beigeladenen zu 1) gestellten Rechnungen weisen monatlich unterschiedliche Beträge aus, die in aller Regel unter 450,00 € monatlich liegen.

Mit gleichlautenden Bescheiden vom 20. Januar 2020 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) fest, dass in dem Auftragsverhältnis als Dozentin seit 12. Juli 2017 Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung in der Kranken- und Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Schüler einen staatlich anerkannten Bildungsabschluss erlangten, die Arbeitszeiten in Stundenplänen vorgegeben seien, die Tätigkeit durch Befragungen kontrolliert werde und die Beigeladene zu 1) Erfolgskontrollen durchführe und Noten vergebe. Sie habe sich an einen Rahmenlehrplan zu halten und Stundennachweise zu fertigen. Die Widersprüche der Klägerin und der Beigeladenen ...

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