Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragspflicht begründende Beschäftigung. geringfügige Beschäftigung. kurzzeitige Beschäftigung. Anwartschaft. abhängige Beschäftigung. Zurechnung von Arbeitsleistungen Dritter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn –teilweise– der Erfolg von Leistungen geschuldet wird, liegt bei persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers ein abhängigen Beschäftigungsverhältnis (§ 7 SGB IV) vor; dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer keinerlei wirtschaftliches Risiko trägt.

2. Zur Erfüllung der Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld – hier Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze bzw. Kurzzeitigkeitsgrenze – können Arbeitsleistungen Dritter, etwa auch des mithelfenden Ehegatten, grundsätzlich nicht hinzugerechnet werden.

 

Normenkette

AFG § 100 Abs. 1, § 102 Abs. 1, § 104 Abs. 1, §§ 168, 169 Nr. 6; SGB IV § 7

 

Verfahrensgang

SG Gießen (Urteil vom 10.01.1978; Aktenzeichen S-5a/Ar 132/77)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.03.1981; Aktenzeichen 7 RAr 19/80)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. Januar 1978 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld –Alg– ab 1. Juli 1976; im Zusammenhang mit der Erfüllung der Anwartschaftszeit ist streitig, ob das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) in der Zeit vom 1. Februar 1973 bis 31. Mai 1976 geringfügig (jetzt: kurzzeitig) gewesen ist (§§ 169 Nr. 6, 102 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetzes –AFG–).

Die im Jahre 1937 geborene Klägerin war seit dem 2. Januar 1970 bei der Beigeladenen, der Firma F., Blechverarbeitung, beschäftigt gewesen. Sie arbeitete zunächst dreimal wöchentlich zwei bis drei Stunden; ihr Ehemann war gleichfalls für die Beigeladene zu 2) tätig und arbeitete auf Anforderung je nach Bedarf. Im Februar 1973 löste die Beigeladene zu 2) das Arbeitsverhältnis mit dem Ehemann der Klägerin und änderte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin dahingehend ab, daß diese verpflichtet sein sollte, bei einem monatlichen Arbeitslohn in Höhe von 650,00 DM brutto – ab 1. März 1975 monatlich 680,00 DM brutto – zu arbeiten. Die zu verrichtenden Arbeiten sind in einem Arbeitsplan (Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 16. Januar 1976, gerichtet an die Klägerin und ihren Ehemann (Bl. 17–19 Leistungsakte) enthalten; sie umfaßten Arbeiten, wie die Pflege der Betriebsräume des Grundstücks und der Maschinen. Die Klägerin war mit der Beigeladenen zu 2) übereingekommen, daß ihr Ehemann ihr bei der Erledigung der ihr übertragenen Aufgaben helfen konnte. Der Ehemann übernahm etwa die Hälfte der Arbeiten. Die Beigeladenen zu 2) kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 26. Mai 1976 zum 31. Mai 1976.

Die Klägerin meldete sich am 28. Juni 1976 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. In der Arbeitsbescheinigung der Beigeladenen zu 2) vom 18. August 1976 findet sich die Eintragung, daß das Beschäftigungsverhältnis vom 1. Februar 1973 bis 31. Mai 1976 bestanden habe und die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann als Putzhilfen beschäftigt worden seien. Er habe sich um eine Aushilfstätigkeit gehandelt, die jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist habe gekündigt werden können. Die tägliche Arbeitszeit habe je nach den Belangen des Betriebes 1 bis 3 Stunden betragen.

Mit Bescheid vom 21. September 1976 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg mit der Begründung ab, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) sei geringfügig und daher beitragsfrei gewesen, weil die wöchentliche Arbeitszeit weniger als 20 Stunden betragen habe. Während das von der Klägerin veranlaßten Widerspruchsverfahrens gab die Beigeladenen zu 2) an, daß das Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht nur zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) bestanden habe, sondern vielmehr zwischen den Beteiligten Einigkeit beanstanden habe, daß etwa die Hälfte der anfallenden Arbeiten von den Ehemann der Klägerin verrichtet werden sollte. Insoweit habe es sich materiell auch um ein Entgelt für den Ehemann der Klägerin gehandelt. Die Beigeladenen zu 1) gab an, aufgrund einer Betriebsprüfung vom 24. Juni 1976 sei die Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bei der Klägerin festgestellt worden; es seien Beiträge entsprechend abgeführt worden. Jedoch hätte die Beschäftigung der Klägerin nicht als beitragspflichtig zur beklagten angesehen werden dürfen, wenn bei der Betriebsprüfung bekannt gewesen wäre, daß die Klägerin tatsächlich höchstens drei Stunden täglich tätig werden sollte. Eine Auswertung der zeitweise, nämlich von Januar bis September 1975, benutzten Stempelkarten ergab, daß die Arbeitszeit jeweils weit unter 20 Stunden wöchentlich gelegen hat, wobei im Juli 1975 die höchste durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 17,48 Stunden erreicht worden war.

In einem zwischen der Klägerin und der Beigelade...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge