Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Einigungsgebühr. einstweiliges Rechtsschutzverfahren. Verfahrenserledigung durch vergleichsweise Einigung über die Hauptsache. keine besondere gebührenrechtliche Berücksichtigung sog Mehrvergleiche. Betragsrahmengebühr. Ausgangswert. Reduzierung der Mittelgebühr auf 2/3

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Annahme eines sogenannten Mehrvergleiches, bei dem sich die Beteiligten über den eigentlichen Streitgegenstand des Verfahrens hinaus über weitere Streitpunkte einigen, ist bei Anwendung von Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG kein Raum. Entscheidend ist jeweils die prozessuale Beendigung des betroffenen Rechtsstreites allein.

2. Wird ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dadurch erledigt, dass sich die Beteiligten im Antragsverfahren endgültig über die Hauptsache vergleichsweise einigen, so entsteht die Einigungsgebühr nach Ziffer 1006 RVG-VV im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

 

Orientierungssatz

Ausgangswert bei einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist generell nicht die Mittelgebühr, sondern eine auf 2/3 reduzierte Mittelgebühr (Festhaltung an LSG Darmstadt vom 25.5.2009 - L 2 SF 50/09 E).

 

Tenor

I. Der Feststellungsbeschluss des Sozialgerichts Marburg vom 11. Dezember 2008 und der Vergütungsfeststellungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 24. Mai 2007 werden geändert. Die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung des im Rechtsstreit S 5 AS 230/06 ER beigeordneten Beschwerdegegners (Rechtsanwaltes) wird auf 531,53 € festgesetzt.

II. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung des im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Sozialgericht Marburg, Az.: S 5 AS 230/06 ER - SN. gegen Landkreis ZW.) nach den Vorschriften des im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Beschwerdegegners (Rechtsanwaltes).

Gegenstand des Ausgangsverfahrens war die Höhe der dem Antragsteller zustehenden Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II). Nach dem im zugrundeliegenden Antragsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) maßgebenden Sachverhalt war der dortige Antragsteller mit Wirkung zum 1. Oktober 2006 in eine neue Wohnung umgezogen. Unter Berufung darauf, der Antragsteller habe ihm den Umzug nicht rechtzeitig mitgeteilt, bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 18.10.2006 auch nach dem Umzug weiterhin Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II lediglich in der bisherigen Höhe von insgesamt 188,07 € monatlich wie zuvor in der Zeit bis zum 30.09.2006, in der der Antragsteller als Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft gelebt hatte. Hiergegen erhob der Antragsteller selbst ohne anwaltlichen Beistand mit Schreiben vom 23.10.2006 Widerspruch. Durch seinen prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt, den Erinnerungsführer und Beschwerdegegner im vorliegenden Kostenverfahren, stellte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Marburg (eingehend am 18.12.2006) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel, dem Antragsteller die Kosten der Unterkunft und Heizung für die ab dem 01.10.2006 bewohnte Wohnung in Höhe von 435,00 € monatlich bis zur Entscheidung in der Hauptsache, mindestens jedoch bis zur Entscheidung über den Widerspruch durch die Antragsgegnerin, zu gewähren. Gleichzeitig stellte der Antragsteller einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwaltes, des Beschwerdegegners. Dem Kläger wurde mit Beschluss des Sozialgerichts Marburg im Erörterungstermin vom 15.01.2007 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdegegners für den ersten Rechtszug bewilligt. Zuvor hatte der Antragsgegner im Ausgangsverfahren mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2006 dem Antragsteller weitere Leistungen nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 163,60 € monatlich bewilligt. Im Erörterungstermin des Sozialgerichts Marburg vom 15.01.2007 schlossen die Beteiligten schließlich folgenden Vergleich:

“1. Der Antragsgegner verpflichtet sich, bei dem Antragsteller ab dem 01.10.2006 Unterkunftskosten in Höhe von 325,00 € und Heizkosten in Höhe von 34,40 € zu berücksichtigen.

2. Der Antragsgegner verpflichtet sich weiter, dem Antragsteller die Hälfte seiner zur zweckgerichteten Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.„

Mit Schriftsatz vom 31.01.2007 beantragte der Beschwerdegegner, im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung nachstehende Gebühren und Auslagen festzusetzen:

3102 Verfahren vor dem Sozialgericht

250,00 €

250,00 €

3106 Terminsgebühr in sozialrechtlicher Angelegenheit

200,00 €

200,00 €

1006 Einigung / Erledigung in sozialrechtlicher Angelegenheit

190,00 €

190,00 €

bei anhängigem gerichtlichen Verfahren

7002 Post- und Telekommunikationspauschale

 20,00 €

 20,00 €

Nettobetrag

660,00 €

Umsatzsteuer

19 %

125...

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