Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. beigeordneter Rechtsanwalt. Prozesskostenhilfebewilligung für Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz. sachlicher Umfang. Verfahren über die Aussetzung der Vollstreckung durch einstweilige Anordnung nicht umfasst. kein einheitlicher Rechtszug. Anwendung von § 19 Abs 1 S 2 Nr 11 RVG auf das Aussetzungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren umfasst das Aussetzungsverfahren nicht und führt nicht zu einem Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für das Aussetzungsverfahren.

2. Das Aussetzungsverfahren und das Beschwerdeverfahren bilden nicht hinsichtlich des sachlichen Umfangs der Prozesskostenhilfebewilligung ausnahmsweise einen einheitlichen Rechtszug, weil sie in einem notwendigen inneren Zusammenhang stünden.

3. Zur Anwendung des § 19 Abs 1 S 2 Nr 11 RVG auf das Aussetzungsverfahren gemäß § 199 Abs 2 SGG - im Ergebnis offengelassen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. April 2020 aufgehoben und die Vergütung der Beschwerdegegnerin aus Prozesskostenhilfe für das Aussetzungsverfahren (L 4 SO 71/17 B ER) auf 0 € festgesetzt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus Prozesskostenhilfe festzusetzenden Rechtsanwaltsvergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Im einem Verfahren zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (S 27 SO 40/17 ER) begehrten die Antragsteller des Ausgangsverfahrens die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Antragsteller stellten am 31. März 2017 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Zugleich beantragten sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe und legten zugleich die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Mit Beschluss vom 12. April 2017 gewährte das Sozialgericht Leistungen nach dem AsylbLG vom 31. März bis 31. Mai 2017 und zudem Prozesskostenhilfe ab 31. März 2017 unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin. Zudem verpflichtete das Sozialgericht die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens legte gegen den Beschluss am 24. April 2017 Beschwerde beim Hessischen Landessozialgericht (L 4 SO 71/17 B ER) in Darmstadt ein. Zugleich beantragte die Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts. Der Vorsitzende des 4. Senats des Landessozialgerichts setzte durch Beschluss vom 4. Mai 2017 die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts vom 12. April 2017 durch einstweilige Anordnung aus. Zugleich wurde tenoriert, dass Kosten für dieses Verfahren nicht zu erstatten seien. Auf Antrag der Beschwerdegegnerin vom 2. Mai 2017 gewährte das Landessozialgericht durch Beschluss vom 10. Mai 2017 Prozesskostenhilfe für den Beschwerderechtszug. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2017 nahmen die Antragsteller des Ausgangsverfahrens den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurück, nachdem das zwischenzeitlich beigeladene Jobcenter ab April 2017 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gewährt hatte.

Die Beschwerdegegnerin beantragte mit Schreiben vom 22. Juni 2017 die Festsetzung der Gebühren im Rahmen der Prozesskostenhilfe und machte folgende Gebühren geltend:

1. Instanz

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV-RVG

200,00 €

Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV-RVG

60,00 €

Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €

Zwischensumme

280,00 €

Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG

53,20 €

Endsumme

333,20 €

2. Instanz

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV-RVG

246,00 €

Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV-RVG

73,80 €

Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €

Zwischensumme

339,80 €

Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG

64,56 €

Endsumme

404,36 €

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die Gebühren durch Beschluss vom 4. August 2017 wie folgt fest:

1. Instanz

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV-RVG

167,00 €

Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV-RVG

50,10 €

Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €

Zwischensumme

237,10 €

Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG

45,05 €

Endsumme

282,15 €

2. Instanz

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV-RVG

205,00 €

Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV-RVG

61,50 €

Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €

Zwischensumme

286,50 €

Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG

54,43 €

Endsumme

340,93 €

Gesamtsumme

623,08 €

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bei Berücksichtigung aller Beurteilungskriterien festzustellen sei, dass es sich um einen unterdurchschnittlichen Fall gehandelt habe, so dass eine Herabbemessung der Verfahrensgebühr angemessen sei.

Die Beschwerdegegnerin legte hiergegen am 5. September 2017 Eri...

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