Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung im Konkurs

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 22 KO ist seit Inkrafttreten von § 113 InsO gegenstandslos.

2. Durch § 113 Abs. 1 S. 2 InsO werden auch normativ geltende längere tarifvertragliche Kündigungsfristen verdrängt.

3. § 113 InsO verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

 

Normenkette

InsO § 113; GG Art. 9 Abs. 3; KO § 22

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Teilurteil vom 01.08.1997; Aktenzeichen 3 Ca 662/96)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 1. August 1997 – 3 Ca 662/96 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der 1951 geborene Kläger war seit 01.01.1977 bei der Gemeinschuldnerin, einem Unternehmen des Groß- und Außenhandels, in deren Betrieb mehr als 10 vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer tätig waren, zu einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt DM 3.700,00 zuzüglich Provision als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Am 02.08.1996 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin die Sequestration angeordnet, der Beklagte wurde zum Sequester bestellt. Nachdem die Gemeinschuldnerin mit dem Betriebsrat am 21.08.1996 im Hinblick auf die vorgesehene Stillegung des Betriebes einen Interessenausgleich vereinbart und einen Sozialplan abgeschlossen hatte, kündigte die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 22.08.1996 (Bl. 9 d.A.) das Arbeitsverhältnis zum Kläger zum 31.03.1997. Gleichzeitig wurde allen anderen Arbeitnehmern gekündigt. Gegen diese Kündigung wandte sich der Kläger, der bis Ende August 1996 für die Beklagte arbeitete und anschließend freigestellt war, nicht.

Am 01.10.1996 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet, der Beklagte wurde zum Konkursverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 11.11.1996, dem Kläger am 15.11.1996 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger unter Bezug auf § 113 Insolvenzordnung (InsO) zum 28.02.1997, nachdem dem Betriebsrat mit Schreiben vom 29.10.1996 (Bl. 38 – 41 d.A.) unter Beifügung einer Liste von Arbeitnehmern, auf der der Kläger aufgeführt war, mitgeteilt worden war, daß beabsichtigt sei, den Arbeitnehmern nach § 113 InsO wegen Betriebsstillegung fristgerecht zum nächstmöglichen Termin zu kündigen und der Betriebsrat am 04.11.1996 Bedenken geäußert hatte.

Mit seiner am 03.12.1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen diese Kündigung. Der Kläger hat vorgetragen, die Kündigung sei bereits deshalb unwirksam, weil die Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei. Da auf das Arbeitsverhältnis die für allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des Manteltarifvertrages für den Groß- und Außenhandel des Landes Hessen Anwendung fänden, habe nach § 22 KO nur mit der tarifvertraglichen Frist gekündigt werden können. Im übrigen sei das Arbeitsverhältnis ja ohnehin bereits gekündigt worden, so daß ein Kündigungsrecht verbraucht sei. Außerdem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Ferner stehe ihm eine monatliche Garantieprovision von DM 1.035,00 zu, die er bis jedenfalls Februar 1997 fordern könne.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 11.11.1996 nicht aufgelöst worden ist;
  2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 5.175,00 brutto zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, er habe die Kündigungsfrist eingehalten, da § 113 InsO einschlägig sei. Der Betriebsrat sei, wie der Ablauf des Anhörungsverfahrens ergebe, ordnungsgemäß gehört worden.

Das Arbeitsgericht hat mit am 01.08.1997 verkündetem Teil-Urteil die Feststellungsklage abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 59 -72 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 27.04.1998 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er trägt vor, der Beklagte habe sich durch die bereits am 22.08.1996 ausgesprochene Kündigung zum 31.03.1997 selbst gebunden und habe nicht allein wegen der neuen Gesetzeslage erneut kündigen können. Im übrigen wiederholt er seine Auffassung, wonach unbeschadet des Inkrafttretens von § 113 InsO weiter § 22 KO einschlägig sei.

Der Kläger beantragt,

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 01.08.1997 aufzuheben und festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 11.11.1996 nicht zum 28.02.1997 aufgelöst worden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft seine Ansicht, wonach die Kündigung nach § 113 InsO wirksam sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über...

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