Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliches Urlaubsgeld und Erziehungsurlaub

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Zeit des Erziehungsurlaubs kann kein Urlaubsgeld nach dem TV-Sonderzahlung Hessen vom 17. Mai 1985 verlangt werden. Das tarifliche Urlaubsgeld hat keinen Gratifikationscharakter.

 

Normenkette

BErzGG § 15 Abs. 4, § 16

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 03.03.1988; Aktenzeichen 2 Ca 443/87)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 3. März 1988 – 2 Ca 443/87 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes für die Zeit des Erziehungsurlaubs.

Die Klägerin ist seit dem 1. Juli 1984 im Einzelhandelsbetrieb der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag über Sonderzahlung (Urlaubsgeld und Sonderzuwendung) für die Arbeitnehmer im Hessischen Einzelhandel vom 17. Mai 1985 (TV-Sonderzahlung) Anwendung. Darin ist u.a. geregelt:

㤠2

Arbeitnehmer, Auszubildende und diesen Gleichzustellende haben Anspruch auf eine tarifliche Sonderzahlung, die sich aus 2 Teilbeträgen (Urlaubsgeld und Sonderzuwendung) zusammensetzt.

§ 3

Urlaubsgeld

1. Höhe des Anspruchs

  1. Das Urlaubsgeld beträgt 50 % des Endgehaltes der Gehaltsgruppe B I (Verkäufer/in) des Gehaltstarifvertrages des Einzelhandels in Hessen, der am 1.1. des jeweiligen Kalenderjahres gilt.

2. Berechnung und Rückzahlung des Urlaubsgeldes

  1. Im Urlaubsjahr eintretende und ausscheidende Anspruchsberechtigte haben Anspruch auf soviel Zwölftel des Urlaubsgeldes, wie sie im laufenden Urlaubsjahr volle Kalendermonate im Betrieb bzw. Unternehmen tätig sind. Zuviel gezahltes Urlaubsgeld ist als Gehalts-, Lohn- bzw. Vergütungsvorschuß zurückzuzahlen. Bei Aufrechnung gegen Gehalts-, Lohn- oder Vergütungsansprüche sind die Lohnpfändungsvorschriften zu beachten.
  2. Eine Verpflichtung zur Rückzahlung entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis wegen Erreichung der Altersgrenze, Krankheit oder Tod des Anspruchsberechtigten oder durch Kündigung seitens des Arbeitgebers wegen innerbetrieblicher Rationalisierung endet. Von der Rückzahlungspflicht sind ferner Anspruchsberechtigte befreit, deren Betriebszugehörigkeit zum Zeitpunkt der Auszahlung des Urlaubsgeldes mehr als 5 Jahre gedauert hat oder Arbeitnehmerinnen, die von § 10 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes Gebrauch machen.
  3. Bei der Errechnung des Urlaubsgeldes sind die sich ergebenden Beträge auf volle DM-Beträge aufzurunden.
  4. Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund grob treuwidrigen Verhaltens (Diebstahl, Unterschlagung, Untreue) beendet, so entfällt der Anspruch auf Zahlung des tariflichen Urlaubsgelds. Gegebenenfalls für das laufende Kalenderjahr bereits erhaltenes Urlaubsgeld ist als Vorschuß zurückzuzahlen.

3) Fälligkeit

  1. Das Urlaubsgeld ist auf Verlangen des Anspruchsberechtigten vor Antritt des Urlaubs, spätestens jedoch zum 30.6. auszuzahlen.
  2. Durch Betriebsvereinbarung kann ein anderer Fälligkeitstermin bestimmt werden.”

Die Klägerin hat am 18. März 1987 entbunden und im Anschluß an die Schutzfrist nach § 6 Abs. 1 MuSchG ab dem 14. Mai 1987 Erziehungsurlaub in Anspruch genommen. Die Beklagte gewährte der Klägerin für 1987 anstatt des vollen Urlaubsgeldes in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 1.067,50 DM brutto nur anteilig für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Mai 1987 den Betrag von 445,00 DM brutto.

Die Klägerin hat die Ansieht vertreten, die Zeiten des Erziehungsurlaubs könne die Beklagte nicht anspruchsmindernd berücksichtigen. Der TV-Sonderzahlung sehe eine Kürzungsmöglichkeit für solche Zeiten nicht vor. Eine Quotelung erfolge nur dann, wenn die zwölf Monate Betriebszugehörigkeit nicht erreicht würden. Soweit der TV-Sonderzahlung darauf abstelle, daß nach § 3 Ziffer 2) a) die Anspruchsberechtigten im Betrieb oder unternehmen tätig seien, werde damit nicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung abgestellt. Auch wenn das Arbeitsverhältnis während des Erziehungsurlaubs ruhe, bleibe dadurch die Urlaubsgeldzahlung unberührt, weil das Urlaubsgeld Gratifikationscharakter habe und nicht akzessorisch zum Urlaubsanspruch sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 622,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen ab Klagezustellung aus dem sieh hieraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Klägerin habe nur einen anteiligen Anspruch auf Zahlung der tariflichen Sonderzahlung. Das Urlaubsgeld sei akzessorisch zum Urlaubsanspruch, der nur für fünf Monate bestehe. Im übrigen bezwecke das Urlaubsgeld die Abdeckung von Mehraufwendungen infolge des Urlaubs.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 3. März 1988 mit den sich aus Bl. 79–82 d.A. ersichtlichen Gründen, auf die Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.

Gegen dieses am 29. Juni 1988 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Juli 1988 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18. September 1988 am 1. September 19...

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