Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzanfechtung von Beitragszahlungen nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Umstand, dass Beiträge zu dem Sozialkassenverfahren im Baugewerbe nicht oder nicht zeitnah gezahlt werden, kommt keine indizielle Bedeutung für eine Zahlungsunfähigkeit zu.

 

Normenkette

InsO § 133 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 18.07.2013; Aktenzeichen 5 Ca 1426/12)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Insolvenzverwalter macht Ansprüche aus Insolvenzanfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung geltend.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A, B (folgend: Schuldnerin), das Insolvenzverfahren wurde durch das Amtsgericht Bersenbrück am 22. Februar 2010 eröffnet (- 9 IN 1/10 -). Zur Wiedergabe des Inhalts des Eröffnungsbeschlusses wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift verwiesen (Bl. 84-86 d.A.). Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens war am 08. Januar 2010 bei dem Insolvenzgericht eingegangen.

Die Beklagte ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK-Bau) mit Sitz in Wiesbaden, eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Ihr oblag nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) der Einzug der Sozialkassenbeiträge gemäß § 18 VTV von den Arbeitgebern des Baugewerbes mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland für bis einschließlich 31. Dezember 2009 entstandene Beiträge.

Die Schuldnerin unterlag als baugewerblicher Betrieb dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV), gab Meldungen ab, leistete Beiträge und erhielt Erstattungen.

Der Kläger erhob gegen die Beklagte vor dem Landgericht Wiesbaden Anfechtungsklage, gestützt auf § 133 Abs. 1 InsO, und begehrte Rückzahlung von an die Beklagte in der Zeit von 26. Februar 2009 bis 12. Oktober 2009 gezahlter Sozialkassenbeiträge in einer Gesamthöhe von zuletzt 8.470,69 €. Zuvor war ihm Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Klage bewilligt worden (vgl. Beschluss LG Wiesbaden vom 21. Juni 2012, Bl. 72 f. d.A.). Wegen der Zusammensetzung der Klageforderung wird auf die Klageschrift, dort Punkt 3. (S. 3-5, Bl. 78-80 d.A.) Bezug genommen. Die Beklagte hat auf die Anfechtung einen Betrag von 3.339,57 € nach §§ 143 Abs. 1, 131 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückgewährt. Diesem Betrag lagen weitere Zahlungen der Schuldnerin vom 10. Oktober 2009, 21. Oktober 2009, 10. November 2009 und 21. Dezember 2009 zu Grunde.

Das Landgericht Wiesbaden verwies den Rechtsstreit durch Beschluss vom 23. August 2012 (Az. 10 O 105/12, Bl. 175-177 d.A) an das Arbeitsgericht Wiesbaden.

Die Schuldnerin hatte schon 2007 Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten. Wegen der Umsätze des Beitragskontos bei der Soka-Bau in der Zeit ab 01. Januar 2008 wird Bezug genommen auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 01. Juni 2012 im PKH-Verfahren überreichte Aufstellung (Bl. 46-53 d.A.). Zur Wiedergabe der Tabelle nach § 175 InsO wird auf die Anlage 2 zum PKH-Antrag verwiesen (Bl. 3-9 des Beihefts, LG Wiesbaden). 30 Gläubiger haben Forderungen in einer Gesamthöhe von ca. 535.000,00 € angemeldet.

Der Kläger hat behauptet, bei der Schuldnerin habe bereits am 25. Februar 2009 Zahlungsfähigkeit bestanden. Sie sei nicht in der Lage gewesen, fällige Zahlungsforderungen zu erfüllen. Sie habe auch bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Beitragsrückstände seit 01. Januar 2005 gehabt, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen werden konnten. Die Fa. C habe Lieferungen und Leistungen seit 17. Juni 2009 zur Tabelle angemeldet. Die Beklagte habe wegen relativ geringfügiger Forderungen über einen Zeitraum von fast einem Jahr die Zwangsvollstreckung betreiben müssen und lediglich Teilzahlungen erhalten. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dies indizierte eine Zahlungsunfähigkeit, den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz iSd. § 133 Abs. 1 InsO und die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit und der Benachteiligung anderer Gläubiger. Gerade der Umstand, dass Sozialversicherungsbeiträge nicht bei Fälligkeit beglichen würden, sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein erhebliches Indiz für die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens. Die Beitreibung der Ansprüche durch die Beklagte erfülle das Merkmal der Inkongruenz für die daraufhin erbrachten Leistungen. Die Inkongruenz bilde auch im Rahmen der Prüfung des § 133 Abs. 1 InsO ein starkes Beweiszeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe wegen der fortlaufenden Beitragsmeldungen der Schuldnerin gewusst, dass diese noch gewerblich tätig war und noch weitere Gläubigerforderungen bestehen müssten. Es werde bestritten, dass zahlungsfähige Schuldner zur Schonung ihrer Kreditlinie Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Beklagten in Kauf ...

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