Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugnahmeklausel. ergänzende Vertragsauslegung. Chefarztvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Ob der BAT und der maßgebende Vergütungstarifvertrag durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt wird, ergibt sich, wenn eine beiderseitige Tarifbindung gem. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG besteht, allein daraus, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD-BT-K und des TV-Ärzte/VkA dem jeweiligen Tarifvertrag ersetzende Funktion beimessen (vgl. § 2 (1) TVÜ-Ärzte/VkA; § 2 TVÜ/VkA). Ohne beiderseitige Tarifbindung gem. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG können die Tarifvertragsparteien nicht die Auslegung des Arbeitsvertrags verbindlich festlegen. Dies obliegt allein dem Willen der Arbeitsvertragsparteien.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 19.09.2007; Aktenzeichen 5 Ca 34/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.06.2010; Aktenzeichen 5 AZR 122/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 19. September 2007 – 5 Ca 34/07 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

Der beklagte Kreis ist Mitglied der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und Träger des Kreiskrankenhauses A. Bis auf die sechs beschäftigten Chefärzte werden alle Ärzte gemäß dem mit Wirkung zum 01. August 2006 abgeschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VkA) vom 17. August 2006 entlohnt. Der Kläger war auf der Grundlage des am 12. Mai 1986 geschlossenen Chefarztvertrages als Chefarzt der Anästhesiologie bis zum 31. Oktober 2006 am Kreiskrankenhaus A beschäftigt. In § 7 des Anstellungsvertrages haben die Parteien u.a. folgende Vergütungsvereinbarung getroffen:

„(1) Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 3 – 5)

1. als feste Vergütung

Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend Vergütungsgruppe I des BAT in Verbindung mit dem Vergütungstarifvertrag vom 17.05.1976 in der für Mitglieder der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) jeweils gültigen Fassung. …

Wird der BAT oder der maßgebende Vergütungstarifvertrag im Bereich der VkA durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt, so tritt an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen

Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen. …

2. als variable, nicht zusatzversorgungspflichtige Vergütung

(6) Erreicht das Bruttoeinkommen aus den Dienstbezügen nach Absatz 1 Nr. 1, den Liquidationserlösen nach Absatz 1 Nr. 2, Einnahmen aus der Tätigkeit nach § 17, sowie aus der Vergütung nach § 20 den Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich nicht, so bezahlt der Krankenhausträger dem Chefarzt eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages, um den das Bruttoeinkommen im vorstehenden Sinne hinter dem Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich zurückbleibt. …

Der Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich erhöht oder ermäßigt sich jeweils um den gleichen Prozentsatz, um den sich das Grundgehalt in der Endstufe der Vergütungsgruppe des Chefarztes ändert. …”

Wegen der weiteren Arbeitsbedingungen wird auf die Kopie des Anstellungsvertrages Bl. 9 – 33 d.A. verwiesen. Die arbeitvertraglich garantierte Vergütung betrug im Jahr 2006 unabhängig von etwaigen Liquidationserlösen EUR 147.000,00 brutto. Seit dem 01.10.2005 wird der Kläger gemäß der Entgeltgruppe 15 Ü des TVöD/VkA bezahlt. Die Berechnung der Vergütung auf der Grundlage des mit dem Marburger Bund abgeschlossenen Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VkA) ab dem 01.08.2006 lehnte der Beklagte ab. Dagegen wendet sich der Kläger und begehrt für die Zeit von August bis Oktober 2006 die Nachzahlung von insgesamt EUR 5.282,76 brutto sowie eine dementsprechende Berichtigung der Gehaltsabrechnungen. Bei der geltend gemachten Forderung handelt es sich um den Differenzbetrag der sich ergibt, wenn man die Grundvergütung sowie die Rufbereitschaftspauschale anstatt auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 15 Ü des TVöD/VkA gemäß der Entgeltgruppe IV/Stufe 1 der Tabelle TV-Ärzte/VkA – Tarifgebiet West sowie eines Überstundenzuschlags von 15% berechnet.

Der Kläger hat die Rechtsansicht vertreten, dass sich im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung die Anwendung der Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VkA ergebe. Bei dem TV-Ärzte/VkA handele es sich um einen seit dem 01. August 2006 geltenden speziellen Ärztetarifvertrag für die an kommunalen Krankenhäusern beschäftigten Ärztinnen und Ärzte. Der TVöD sei dagegen ein allgemeiner, berufsgruppenübergreifender Tarifvertrag für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Hinzu komme, dass alle beim beklagten Kreis beschäftigten Ärzte – mit Ausnahme der Chefärzte – nach dem TV-Ärzte/VkA bezahlt würden. Demgegenüb...

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