Entscheidungsstichwort (Thema)

Annexkompetenz. Doppelstellung. Geschäftsführer. ruhendes Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Durch den Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags mit einem angestellten Mitarbeiter erfolgt im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses.

2. Die Gesellschafterversammlung ist auch für den Abschluss dieser im Geschäftsführer-Dienstvertrag enthaltenen Aufhebungsvereinbarung des Arbeitsverhältnisses zuständig

 

Normenkette

KSchG § 1; ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3; GmbHG § 46 Nr. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 09.09.2010; Aktenzeichen 5 Ca 1969/09)

 

Nachgehend

BAG (Entscheidung vom 12.07.2011; Aktenzeichen 2 AZN 726/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 09. September 2010, 5 Ca 1969/09, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug und nach Rechtswegprüfungsverfahren, in dem nach rechtskräftiger Entscheidung der Kammer vom 17. Mai 2010 (17 Ta 23/10, Bl. 182 f d.A.) der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen bejaht wurde, über die Wirksamkeit zweier Kündigungen und hierbei insbesondere darum, ob zwischen ihnen ein weiteres Rechtsverhältnis neben dem der Geschäftsführerbestellung des Klägers zugrunde liegenden Schuldverhältnis besteht. Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 247 bis 248 d.A.).

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat die Klage durch am 09. September 2010 verkündetes Urteil, 5 Ca 1969/09, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, im Zeitpunkt der Kündigungen habe zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden, das zwischen den Parteien ursprünglich begründete Arbeitsverhältnis habe auch nicht geruht. Der Kläger selbst gehe von der konkludenten Begründung eines Geschäftsführer-Dienstverhältnisses mit seiner Berufung zum Geschäftsführer der Beklagten aus. Im Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrages liege aber im Zweifel auch die konkludente Aufhebung eines bisherigen Arbeitsverhältnisses. Eine andere Auslegung komme nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssten und für die der Kläger keine Tatsachen vorgetragen habe. Der konkludenten Aufhebung des ursprünglich begründeten Arbeitsverhältnisses stünden auch keine Formvorschriften entgegen. Die vertragliche Schriftformklausel beziehe sich auf Änderungen und Ergänzungen des Vertrages und nicht auf dessen Beendigung. Darüber hinaus könne jederzeit formlos und auch konkludent die Aufhebung der vertraglichen Schriftformklausel vereinbart werden. Das gesetzliche Schriftformerfordernis des § 623 BGB sei im Zeitpunkt der Geschäftsführerbestellung des Klägers noch nicht vorhanden gewesen. § 46 Nr. 5 GmbHG sei schließlich dahin auszulegen, dass zur Kompetenz der Gesellschafterversammlung ebenfalls gehöre, mit Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrages auch bestehende Arbeitsverhältnisse aufzuheben oder abzuändern. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 248R bis 251 d.A.).

Gegen dieses ihm am 05. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04. November 2010 Berufung eingelegt und diese nach aufgrund Antrags vom Montag, den 06. Dezember 2010 erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 06. Januar 2011 am 06. Januar 2011 begründet.

Er hält unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrages daran fest, zwischen den Parteien bestehe ein ruhendes Arbeitsverhältnis. Mit – konkludentem – Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrages sei nicht gleichzeitig konkludent das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgehoben worden. Er vertieft insoweit insbesondere seine rechtliche Argumentation zur fehlenden Kompetenz der Gesellschafterversammlung bei Aufhebung und/oder Änderung von Arbeitsverträgen und vertritt die Auffassung, die für den Abschluss oder die Beendigung eines Geschäftsführer-Dienstvertrages anerkannte Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung sei nicht auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zum bestehenden Arbeitsvertrag auszudehnen, wenn ein bei der GmbH beschäftigter Arbeitnehmer zum Geschäftsführer bestellt werde.

Der Kläger trägt vor, anlässlich seiner Bestellung zum Geschäftsführer seien keine Verhandlungen zwischen den Parteien geführt worden. Ihm sei von dem weiteren Geschäftsführer A der Beklagten lediglich mitgeteilt worden, dass er zum Geschäftsführer berufen worden sei. Gespräche über Auswirkungen der Geschäftsführerbestellung oder wegen der Änderung der Konditionen seien nicht geführt worden. Der Kläger hält daran fest, mit seiner Berufung zum Geschäftsführer sei zwischen den Parteien konkludent ein Geschäftsführer-Dienstvertrag geschlossen worden, und vertritt weiter die Auffassung, diese konkludente Vereinbarung bezüglich...

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