Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeiten an eigenen Immobilienobjekten. Höhe der Entschädigung bei nicht fristgerechter Auskunftserteilung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden von einem Arbeitgeber im Rahmen eines einheitlichen Gewerbebetriebs neben anderen gewerblichen Tätigkeiten auch bauliche Leistungen an eigenen Immobilien erbracht, sind auch diese baulichen Leistungen an den eigenen Immobilien als gewerblich zu qualifizieren.

2. Die Höhe der Entschädigung gem. § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG bei Klagen der ZVK-Bau VVaG auf Auskunft und Entschädigung beläuft sich regelmäßig auf 25 % der mutmaßlichen nach dem VTV-Bau geschuldeten Beiträge (Abkehr von der ständigen BAG-Rechtsprechung seit BAG vom 27. August 1986 – 4 AZR 280/85 – AP Nr. 70 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Bau, § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 4; VTV-Bau 1986 § 1 Abs. 2 Abschn. II, Abs. 2 Abschn. V Nr. 15, §§ 24, 27, 29; VTV-Bau 2000 § 1 Abs. 2 Abschn. II, Abs. 2 Abschn. V Nr. 15, § 21; ArbGG § 61 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 10.04.2001; Aktenzeichen 8 Ca 2245/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.07.2004; Aktenzeichen 10 AZR 580/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts W. vom 10. April 2001 – 8 Ca 2245/00 – wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.456,56 Euro zu zahlen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. April 2001 – 8 Ca 942/00 – teilweise abgeändert, und zwar unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, wobei der Tenor zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst wird:

Der Beklagte wird verurteilt,

  1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,

    1.1 wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) Versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Juli 1999 bis März 2000 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,

    1.2 wie viele Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) Versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten – ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) – in den Monaten Juli 1999 bis März 2000 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,

  2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:

    zu Nr. 1.1:

    8.628,05 Euro,

    zu Nr. 1.2:

    129,48 Euro,

    Gesamtbetrag:

    8.757,53 Euro.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 21 % und der Beklagte 79 % zu tragen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten, an den Kläger für den Zeitraum von Mai bis Juni 1999 Beiträge (für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte) zu zahlen, und darum, ob der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von Juli 1999 bis März 2000 einschließlich Auskünfte (betreffend gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte) zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung zu zahlen hat, wobei auch die Höhe der Entschädigung im Streit steht.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Er ist die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle aller Sozialkassen des Baugewerbes; er führt das gemeinsame Beitragskonto eines jeden tarifunterworfenen Arbeitgebers.

Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung hinsichtlich der Frage, ob der Betrieb des Beklagten in den Jahren 1999 und 2000 dem betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV 1986) -vgl. § 1 Absatz 2 VTV 1986 – in den für den genannten Zeitraum des Jahres 1999 maßgeblichen jeweiligen Fassungen, in welchen der VTV 1986 durchgehend für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, und dem betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV 2000) – vgl. § 1 Abs. 2 VTV 2000 – in der für die Monate Januar bis März 2000 geltenden Fassung, in welcher der VTV 2000 für allgemein verbindlich erklärt war, unterfiel und ob der Beklagte damit für den Gesamtzeitraum von April 1999 bis März 2000 einschließlich beitragsbzw. auskunftspflichtig ist.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der Betrieb des Beklagten sei in den Jahren 1999 und 2000 dem Geltungsbereich des VTV 1986 bzw. des VTV 2000 unterfallen, der Beklagte sei mithin beitrags- und auskunftspflichtig. Er hat ...

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