Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründetheit von Zahlungsverpflichtungen nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beruft sich der zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes verpflichtete Träger während des laufenden Rechtstreits auf die Bestimmungen des SokaSiG, so stellt dies keine Änderung des Streitgegenstandes dar.

2. Das SokaSiG unterliegt trotz der geregelten Rückwirkung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Orientierungssatz

Unbegründete Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, mit welcher einer Beitragsklage nach dem VTV-Bau stattgegeben wurde. Anwendung des SokaSiG unter Bezugnahme auf 10 Ta 524/16 und 10 Sa 907/16. Ablehnung einer Änderung des Streitgegenstands bei Wechsel von Allgemeinverbindlichkeit + VTV Bau zu SokaSiG + VTV Bau.

 

Normenkette

SokaSiG

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 29.07.2016; Aktenzeichen 8 Ca 894/15)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 04. August 2016 - 8 Ca 894/15 - wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils der erkennenden Kammer vom 15. März 2017 zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten wie Gesamtschuldner zu tragen. Ausgenommen hiervon sind die Kosten, welche auf die Säumnis des Klägers im Termin vom 15. März 2017 zurückgehen. Diese Kosten hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes verpflichtet.

Die Beklagte zu 2 ist Komplementärin der Beklagten zu 1, die ihrerseits einen Betrieb unterhält, in welchem Fertiggaragen hergestellt werden. Die Garagen werden in einem Stück aus Beton mit einer Bewehrung aus Baustahlgewebe gegossen und bestehen aus vier Wänden, einer Decke und - auf Wunsch des Kunden - einer Betonbodenplatte. Alle sichtbaren Flächen der Garagen werden Außen mit einem Kunstharzputz und Innen mit einem Anstrich versehen. Die Betondecke der Garage wird mit einer speziellen Dichtmasse vor Durchfeuchtung geschützt. Wenn der Kunde es wünscht, werden auch Tore bereits in der Betriebsstätte der Beklagten zu 1 in die Fertiggarage eingebaut. Hinsichtlich einer Garagenbeschreibung wird auf Blatt 27 der Akte verwiesen. Die fertige Garage wird von der Beklagten zu 1 auf die Baustelle des jeweiligen Kunden verbracht und auf dem vorgesehenen Standort abgestellt. Eine Vorbereitung des Untergrundes auf der Baustelle oder ein Legen von Fundamenten findet durch die Beklagte zu 1 nicht statt. Anschlussarbeiten oder Tätigkeiten bezogen auf den Ausbau der Garage finden durch die Beklagte zu 1 ebenfalls nicht statt.

Der Kläger nimmt die Beklagten, die nicht Mitglied eines Tarifvertrag schließenden Verbandes des Baugewerbes sind, auf Grundlage des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 (VTV 2009) auf Zahlung von Mindestbeiträgen für 18 gewerbliche Arbeitnehmer im Zeitraum von Dezember 2010 bis November 2011 i.H.v. 131.148,- EUR sowie auf Zahlung von Beiträgen für drei Angestellte im Zeitraum von Dezember 2010 bis Dezember 2011 i.H.v. 2.613,- EUR in Anspruch.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte zu 1 unterhalte einen baugewerblichen Betrieb und sei daher zur Zahlung entsprechender Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte verpflichtet. Für diesen Anspruch hafte die Beklagte zu 2 als Komplementärin persönlich. Die Beklagte zu 1 stelle Garagen her, setze diese sodann am endgültigen Standort ab und erstelle hiermit ein Bauwerk. Jedenfalls sei die Garage ein Fertigbauteil im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 VTV, da es in der Fabrik hergestellt und auf dem Bauplatz zusammengefügt werde und hierdurch die herkömmliche Arbeitsweise durch das Zusammenfügen bzw. Einbauen vorgefertigter Bauteile ersetzt werde. Nicht erforderlich sei hierbei, dass mehrere Fertigbauteile zusammengefügt würden.

Auch hätten die beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer in den Kalenderjahren 2010 und 2011 arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten ausgeübt, da 90 % der Arbeitszeit auf das Herstellen der Garagen, 5 % der Arbeitszeit auf die Transportleistungen und 5 % der Arbeitszeit auf das Abstellen der Fertiggarage auf dem jeweiligen Grundstück entfallen seien. Eine feste Verbindung der Garage mit dem Boden sei nicht erforderlich, entscheidend sei die Zweckbestimmung, wonach beim Kunden eine Garage nach seinen Wünschen erstellt werde.

Weiterhin hat der Kläger gemeint, sein Zahlungsanspruch sei nicht verjährt, da die Klage am 23. Dezember 2015 bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden eingegangen sei. Im Übrigen habe er erst mit Schreiben des Hauptzollamtes vom 13. Mai 2015 Kenntnis von dem Betrieb der Beklagten zu 1 und ...

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