Entscheidungsstichwort (Thema)

Schichtzulage. Voraussetzungen der Schichtarbeit iSd §§ 7 Abs 2, 8 Abs 6 TVöD

 

Leitsatz (amtlich)

1. Schichtarbeit im Sinne von §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 6 TVöD setzt die tatsächliche Arbeit in verschiedenen Schichten mit einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden in Zeitspannen von längstens einem Monat voraus.

2. Die tatsächlichen Voraussetzungen müssen für jeden Monat erfüllt sein.

3. Die aufgrund Urlaubs ausgefallenen Schichtwechsel sind nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

TVöD § 8 Abs. 6, § 7 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Urteil vom 03.09.2008; Aktenzeichen 1 Ca 203/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.03.2010; Aktenzeichen 10 AZR 570/09)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 03. September 2008 – 1 Ca 203/08 – wird abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Gewährung einer Schichtzulage.

Die Beklagte betreibt Fachkrankenhäuser zur Behandlung und Betreuung psychisch Kranker, ein Wohn- und Pflegeheim für Menschen mit geistiger Behinderung sowie eine heilpädagogische Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung. Die Klägerin ist seit 1. Juli 1995 bei der Beklagten bzw. ihrem Rechtsvorgänger als Krankenschwester in Vollzeit beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 3. Juli 1995 findet auf das Arbeitsverhältnis der BAT und die diesen ändernden, ergänzenden oder ersetzenden Vorschriften Anwendung.

In der Klinik für forensische Psychiatrie, in welcher die Klägerin tätig ist, wird die Arbeit in drei Schichten geleistet. Neben dem Tagdienst (7.00 Uhr bis 18.00 Uhr) gibt es den Spätdienst (17.30 Uhr bis 21.45 Uhr) sowie den Nachtdienst (21.30 Uhr bis 7.00 Uhr). Bei der monatlichen Erstellung der Dienstpläne wird zunächst der Urlaub der Mitarbeiter, der von den Mitarbeitern am Ende eines Jahres für das komplette Folgejahr angemeldet wird, eingetragen. Dann wird der Nachtdienst geplant, wobei jeder Mitarbeiter pro Jahr acht Nachtarbeitswochen zu leisten hat. Die Mitarbeiter leisten in der Regel sieben Nachtarbeitsschichten am Stück, beginnend am Freitagabend um 21.30 Uhr bis zum nächsten Freitagmorgen 7.00 Uhr. Nach einer dienstfreien Zeit beginnt am Samstagabend um 17.30 Uhr eine Phase von in der Regel sieben Spätdienstschichten bis zum nächsten Freitagabend um 21.45 Uhr. Im Anschluss an den Spätdienst folgt eine Reihe von Tagdiensten, deren Zahl variiert. Danach beginnt der Zyklus von vorne. Der Spätdienst ist an den Nachtdienst gekoppelt, isolierte Spätdienstschichten werden von der Dienstplanung nicht vorgesehen. Es kommt jedoch vor, dass Mitarbeiter im Einvernehmen mit der Beklagten Schichten tauschen, so dass es vereinzelt zur Ableistung von Spätschichten ohne vorherigen Nachtdienst kommt.

Die Klägerin erhält regelmäßig eine Schichtzulage in Höhe von 40 Euro, welche jeweils zwei Monate später abgerechnet und mit der Monatsvergütung ausgezahlt wird. Im Jahr 2006 arbeitete die Klägerin vom 06. bis 13. Oktober im Nachtdienst und vom 14. bis 20. Oktober im Spätdienst. Darauf folgten Tagschichten, bis die Klägerin am 10. November 2006 ihren Erholungsurlaub antrat, welcher bis zum 26. November 2006 dauerte. Im Anschluss daran absolvierte die Klägerin im November 2006 ausschließlich Tagdienste. Ab dem 01. Dezember 2006 war sie im Nachtdienst eingesetzt. Die Beklagte gewährte für den Monat November 2006 keine Schichtzulage. Mit Schreiben vom 28. April 2007 machte die Klägerin die Schichtzulage geltend.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, Anspruch auf Zahlung einer Schichtzulage gemäß § 8 Abs. 6 TVöD für den Monat November 2006 zu haben. Der fehlende Schichtwechsel, der nach ihrer Behauptung auf der Inanspruchnahme des Urlaubs beruht, stehe dem Anspruch nicht entgegen. Die in Satz 2 der Protokollerklärung zu § 27 TVöD enthaltene Wertung der Tarifvertragsparteien, nach der die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub für die Erfüllung der Merkmals der ständigen Schichtarbeit im Rahmen des Zusatzurlaubs unschädlich sei, lasse sich auf den Anspruch auf Zahlung der Schichtzulage übertragen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 40,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Schichtzulage kein fester Entgeltbestandteil sei. Dazu hat sie bestritten, dass die Klägerin ohne Inanspruchnahme von Erholungsurlaub Nachtdienst geleistet hätte. Es gebe keine starre regelmäßige Einteilung der Schichtarbeit. Da jeder Mitarbeiter pro Jahr nur 8 Nachtarbeitswochen zu leisten habe, gebe es immer wieder Monate, in welchen die Mitarbeiter nur im Tagdienst eingesetzt würden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 3. September 2008 – 1 Ca 203/08 – stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin ständig Schichtarbeit im Sinne des Tarifvertrags geleist...

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