Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit eines Betriebes, der Doppelböden montiert und repariert sowie die Montage von Lüftungsplatten bzw. -kanälen und Foodprints in Doppelböden erbringt zum Sozialkassenverfahren des Baugewerbes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Betrieb, der mit der Montage und Reparatur von Doppelböden (Hohlraumböden) befasst ist sowie die Montage von Lüftungsplatten bzw. -kanälen und Foodprints in Doppelböden erbringt, erbringt Bauleistungen i.S. von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV und ist daher verpflichtet, Beiträge zum Sozialkassenverfahren im Baugewerbe zu entrichten.

 

Orientierungssatz

Erfolgreiche Berufung der Kasse gegen klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts nach Inkrafttreten des SokaSiG. Montage von IT-Schallschränken als Zusammenhangstätigkeit zur Montage von Doppelböden. Die Tätigkeit des Betriebsinhabers ist für die Beitragspflicht wegen eines Angestellten entscheidend, wenn keine gewerblichen Arbeitnehmer beschäftigt werden.

 

Normenkette

VTV; SokaSiG

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 22.02.2017; Aktenzeichen 6 Ca 1678/15)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 10.11.2020; Aktenzeichen 1 BvR 1319/20)

BAG (Urteil vom 22.01.2020; Aktenzeichen 10 AZR 387/18)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 22. Februar 2017 - 6 Ca 1678/15 - abgeändert und der Beklagte unter Aufhebung der Versäumnisurteile des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. April 2016 unter den Aktenzeichen 6 Ca 1678/15 und 6 Ca 1663/15 verurteilt, an den Kläger 4.440,70 EUR zu zahlen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes berechtigt und verpflichtet.

Der Beklagte unterhält seit dem Jahr 2011 einen Betrieb, in dem u.a. Doppelböden einschließlich von Lüftungsplatten bzw. -kanälen und sog. Footprints sowie IT-Schaltschränke montiert werden. Ausweislich eines Schreibens vom 30. Juli 2015 wirbt der Beklagte mit einem "TSK Doppelbodensysteme Full Service" und bezeichnet sich in seinem Internetauftritt als "Doppelbodendoktor". In dem Zeitraum von September 2014 bis Mai 2015 beschäftigte der Beklagte einen gewerblichen Arbeitnehmer. Weiterhin beschäftigte er seine Ehefrau als Angestellte im Zeitraum von Januar 2011 bis zumindest November 2015.

Auf Grundlage des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 03. Mai 2013 in der Fassung vom 10. Dezember 2014 hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung tarifvertraglich geschuldeter Beiträge für einen gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum von Januar 2015 bis Mai 2015 in Anspruch genommen. Die der Klage stattgebende Entscheidung der erkennenden Kammer vom 08. August 2017 - 12 Sa 1068/16 - ist von dem Beklagten mit dem zugelassenen Rechtsmittel der Revision angegriffen und derzeit beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 10 AZR 507/17 anhängig.

Die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Forderungen verfolgte der Kläger erstinstanzlich zunächst in drei getrennten Verfahren (6 Ca 1078/15, 6 Ca 1663/15 und 6 Ca 627/16), die mit Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13. Juli 2016 unter dem Aktenzeichen 6 Ca 1678/15 zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden wurden. Vor der Verbindung der Rechtstreitigkeiten begehrte der Kläger unter dem Aktenzeichen 6 Ca 1678/15 den tarifvertraglichen Beitrag für eine Angestellte für den Zeitraum von Januar 2011 bis Oktober 2011 sowie für Juni 2015 in einer Gesamthöhe von 737,- EUR. In dem Verfahren 6 Ca 1663/15 verfolgte der Kläger Beitragsansprüche für eine Angestellte für den Zeitraum von November 2011 bis Mai 2015 sowie wegen gemeldeter Beiträge für einen gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum von September 2014 bis Dezember 2014 i.H.v. 2.989,- EUR, so dass sich hier eine Klageforderung von 4.105,70 EUR ergab. Schließlich erstrebte der Kläger unter dem Aktenzeichen 6 Ca 627/16 Beitragsansprüche für die angestellte Ehefrau des Beklagten für den Zeitraum von Juli 2015 bis November 2015 i.H.v. 335,- EUR.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei verpflichtet, am Sozialkassenverfahren des Baugewerbes teilzunehmen. Er hat unter Bezugnahme auf einen Betriebsbesuch durch einen eigenen Mitarbeiters am 20. Juli 2015 und auf die Betriebsanmeldung des Beklagten, in welcher die "Montage von Fertigbauteilen" angegeben ist, behauptet, dass der im Betrieb des Beklagten im Kalenderjahr 2015 beschäftigte Arbeitnehmer und der Beklagte selbst arbeitszeitlich überwiegend, d.h. zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgemacht hät...

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