Entscheidungsstichwort (Thema)

Streik. Tarifauslegung. Vergütung. Zur Höhe des Vergütungsabzugs bei Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik. Höhe des Vergütungsabzugs bei Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik

 

Leitsatz (redaktionell)

1. §

5

Abs.

3

MTV

Nr.

1a

enthält eine Regelung mit generellem Charakter, die in §

5

Abs.

3

lit. b

MTV

Nr.

1a

auch die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik erfasst.

2. Für den Fall der Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik beträgt der Gehaltsabzug 1/30 der monatlichen Vergütung pro Kalendertag.

 

Normenkette

BGB § 611; MTV Cockpit (LCAG) Nr. 1a § 5; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 31.08.2011; Aktenzeichen 14 Ca 400/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.11.2013; Aktenzeichen 1 AZR 628/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. August 2011, 14 Ca 400/11, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug über die Höhe des wegen Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik vorzunehmenden Vergütungsabzugs.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 129 bis 131 d.A.) Bezug genommen. Dies erfolgt mit der Maßgabe, dass der MTV Nr. 1a am 08. Juni 2001 abgeschlossen wurde und nach § 27 Abs. 1 MTV Nr. 1a zum 01. Januar 2001 in Kraft trat.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 31. August 2011 verkündetes Urteil, 14 Ca 400/11, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, auch im Fall der Streikteilnahme sei die Vergütung für einen Fehltag um 1/30 und nicht um 8,3/166 zu kürzen. Die Tarifauslegung ergebe, dass § 5 Abs. 3 lit. b MTV Nr. 1a eine pauschalierende Berechnungsvorschrift mit generellem Regelungscharakter enthalte. Ein anderes Ergebnis würde im Übrigen den Grundsatz der Kampfparität verletzen. Aus § 4, 6. Abschnitt Abs. 1 MTV Nr. 1a folge ebenfalls nicht, dass die Beklagte zur Vornahme eines höheren Abzugs, nämlich in Höhe von 1/20 der Monatsvergütung, berechtigt sei. Die Vorschrift regele den mit einer Streikteilnahme nicht vergleichbaren Sonderfall der Abgeltung von freien Kalendertagen durch eine über die reguläre Vergütung hinaus gehende Zahlung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 131 bis 136 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 12. September 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04. Oktober 2011 Berufung eingelegt und diese nach aufgrund Antrags vom 03. November 2011 erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 12. Dezember 2011 am 05. Dezember 2011 begründet.

Sie hält daran fest, für einen Streiktag zum Vergütungsabzug von 8,3/166 berechtigt zu sein, und begründet diese Quote mit der gemäß § 8 Abs. 1 1. DV LuftBO höchstzulässigen kalenderjährlichen Dienstzeit von 2.000 Stunden und einer bei 35 freien Kalendertagen im Quartal (§ 4, 6. Abschnitt Abs. 1, 1. Unterabsatz MTV Nr. 1a) sich ergebenden Anzahl von 240 Arbeitstagen jährlich bzw. 20 Einsatztagen monatlich, die der Arbeitnehmer zur Verfügung stehe. Sie meint, die Regelung in § 4, 6. Abschnitt Abs. 1., 1 Unterabsatz MTV Nr. 1a zeige, dass tarifvertraglich ausdrücklich auch ein Abzug von 1/20 vorgesehen sei, was das Arbeitsgericht übersehen habe. Sie wendet sich gegen die Auffassung des angefochtenen Urteils, wonach § 5 Abs. 3 lit. b MTV Nr. 1a eine pauschalierende Regelung für Fehltage enthalte. § 5 Abs. 2 und 3 MTV Nr. 1a bestimme nur die Höhe des Vergütungsabzugs für die dort enumerativ aufgeführten Fälle. Der Streik werde vom eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 3 MTV Nr. 1a gerade nicht erfasst, wobei den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer Verdienstkürzung wegen Streikteilnahme geläufig gewesen sei, sie hierfür von einer Regelung abgesehen hätten, damit eine bewusste Regelungslücke vorliege, die von den Gerichten nicht durch analoge Anwendung des § 5 Abs. 3 MTV Nr. 1a geschlossen werden könne. Eine generelle Regelung liege gerade nicht vor. Sie wendet sich auch gegen die Auffassung, ihre Berechnung sei geeignet, die Kampfparität zu verletzen.

Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. August 2011, 14 Ca 400/11, die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung und halten deren Auslegung für zutreffend. § 5 Abs. 3 lit. b MTV Nr. 1a enthalte eine generalisierende Regelung zur Berechnung von Fehltagen ohne Vergütungsanspruch. Die Auffassung der Beklagten, § 5 Abs. 2 und 3 MTV Nr. 1a enthalte nur eine enumerative Aufzählung bestimmter Tatbestände, sei unzutreffend. Für die Annahme, bei Streikteilnahme habe eine Kürzung von 8,3/166 pro Tag stattzufinden, fehle eine Rechtsgrundlage.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

 

Entscheidung...

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