Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen des Weiterbeschäftigungsanspruchs. Zu den Voraussetzungen der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung. Zu den Erfordernissen einer Begründung des Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 102 Abs. 5 BetrVG, wenn erstinstanzlich zwischenzeitlich im Hauptsacheverfahren derselbe abgelehnt wurde und der Arbeitgeber den Entbindungsantrag stellt. Weiterbeschäftigungsanspruch. Begründung des Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 102 Abs. 5 BetrVG. Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung. Weiterverfolgung des Anspruchs und Entbindungsantrag des Arbeitgebers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zu den Voraussetzungen des Weiterbeschäftigungsanspruchs bei Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung.

2. Zu den Erfordernissen einer Begründung des Weiterbeschäftigungsanspruchs nach §

102

Abs.

5

BetrVG

, wenn dieser erstinstanzlich zwischenzeitlich im Hauptsacheverfahren abgelehnt wurde und der Arbeitgeber nunmehr einen Entbindungsantrag stellt.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 25.01.2012; Aktenzeichen 22 Ga 223/11)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. Januar 2012 - 22 Ga 223/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug um den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch, den der Kläger im Wege der einstweiligen Verfügung geltend macht und hilfsweise um die Entbindung der Beklagten von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) ist eine Bank. In ihrem Betrieb in A sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer außer den zu ihrer Berufsbildung beschäftigt. Es ist ein Betriebsrat gewählt und im Unternehmen ist ein Gesamtbetriebsrat gebildet. Mit diesem schloss die Beklagte anlässlich der Verlagerung von Financial Markets-Funktionen von A nach B am 8. Juni 2011 eine Gesamtbetriebsvereinbarung (Anlage AG1 im Anlagenband), GBV Financial Markets II.

Es existiert zudem ein zwischen den Beklagten und der C abgeschlossener Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz der Arbeitnehmer bei der D vom 17. Dezember 1997 (TV-Ratio).

Der Kläger ist am 26. August 1962 geboren, verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist jedenfalls seit dem 1. Juli 2003 bei der Beklagten beschäftigt. Ausweislich des Arbeitsvertrages vom 4. April 2006 war ihm die Aufgabe eines "Spezialisten Handelsbetreuung" übertragen. Er arbeitete in der Organisationseinheit "Prozesse und Projekte" in der Gruppe "Management Reporting". Die Bruttomonatsvergütung des Klägers betrug zuletzt circa 16.000,00.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2011 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an (Anlage AG13 im Anlagenband).

Mit E-Mail vom 27. Juni 2011 übersandte die Beklagte auch dem Kläger die Stellenausschreibungen für Stellen in den B Abteilungen COO FM CM und LKM OL. Sie teilte die Bewerbungsfrist mit dem 11. Juli 2011 mit (Anlage AG8 im Anlagenband).

Mit Schreiben vom 28. Juni 2011 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigen Änderungskündigung des Klägers. Wegen der Einzelheiten und des genauen Inhalts des Schreibens des Betriebsrats wird auf Blatt 19, 20 der Akten Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung zum 31. Dezember 2011 (Bl. 16, 17 d.A.). Der Kläger nahm das Angebot der Beklagten auch nicht unter Vorbehalt an. Er erhob mit der Klageschrift vom 18. Juli 2011 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main.

In diesem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main - 22 Ca 4749/11 - hat der Kläger neben dem gegen die Kündigung gerichteten Feststellungsantrag zu 2. beantragt

"die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den vertraglichen Arbeitsbedingungen als Spezialist Handelsbetreuung am Standort A weiterzubeschäftigen".

Mit einer E-Mail vom 21. Dezember 2011 verlangte der Kläger von der Beklagten Weiterbeschäftigung über den 31. Dezember 2011 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits (Bl. 21 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2011, der am selben Tag per Telefax bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangen ist, hat der Kläger das einstweilige Verfügungsverfahren eingeleitet.

Die Beklagte beschäftigte den Kläger noch bis kurz vor Weihnachten an seinem alten Arbeitsplatz mit Arbeiten im Zuge der Übergabe der Tätigkeiten, die teilweise aus B angefordert wurden (vgl. Bl. 92 d.A.).

Am 7. Februar 2012 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine befristete Versetzung nach § 5 Ziffer 4b TV-Ratio.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21. März 2012 die Klage abgewiesen (- 22 Ca 4749/11 -). Den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch hat es dabei abgelehnt, weil der Kläger im Kündigungsschutzverfahren § 3 der GBV Financial Markets II für unwirksam halte und ein wirksamer Widerspruch des Betriebsrats nicht ...

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