Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammenfallen von tariflich vorgeschriebenen Ruhezeiten und Erholungsurlaub. MTV Nr 1a = Manteltarifvertrag Nr 1a für das Kabinenpersonal der Deutschen Lufthansa AG. MTV Nr 1a Kabinenpersonal Lufthansa

 

Leitsatz (amtlich)

Die für die Kabinenmitarbeiter nach § 4, 4. Abschnitt MTV Nr. 1a vorgeschriebenen Ruhezeiten werden auch durch Urlaubserteilung eingehalten.

 

Normenkette

ArbZG § 5; EWGV 3922/91 Anh. 3 Abschn. Q; LuftBODV 2; TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.02.2010; Aktenzeichen 15 Ca 8300/09)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 9 AZR 39/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03. Februar 2010, 15 Ca 8300/09, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug darüber, ob tarifvertraglich vorgeschriebene Ruhezeiten und Erholungsurlaub zusammenfallen können.

Wegen der Darstellung des Sach- und Streitstandes, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 91 bis 93 d. A.).

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch am 03. Februar 2010 verkündetes Urteil, 15 Ca 8300/09, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Urlaubsansprüche könnten auch während tarifvertraglicher Ruhezeiten erfüllt werden. Der Zweck der Ruhezeiten und der Zweck des Erholungsurlaubs schlössen sich nicht gegenseitig aus. Auch während des Urlaubs sei der mit den Ruhezeiten bezweckte Gesundheitsschutz gewährleistet. Die tarifvertraglichen Regelungen würden weder einen Anspruch auf gesonderte Gewährung von Ruhezeiten im Sinne eines eigenständig durchsetzbaren Freistellungsanspruchs bzw. Zusatzurlaubs gewähren noch vorschreiben, in welcher Weise die Einhaltung der Ruhezeiten zu gewährleisten sei. Maßgebend sei allein, dass der Arbeitnehmer während der vorgeschriebenen Ruhezeit nicht zur Arbeitsleistung herangezogen werde. Auch wenn der Arbeitnehmer aus anderen Gründen ohnehin arbeitsfrei habe, sei sichergestellt, dass ihm ausreichend Zeit gegeben werde, sich von den Auswirkungen des vorangegangenen Dienstes zu erholen und vor dem nächsten Flugeinsatz gut ausgeruht zu sein. Auch die Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 vom 16. Dezember 1991 zur Harmonisierung der technischen Vorschriften und der Verwaltungsverfahren in der Zivilluftfahrt (in der Folge: VO (EWG) Nr. 3922/91), geändert durch Verordnung (EG) Nr. 859/2008 der Kommission vom 20. August 2008 (in der Folge: VO (EG) Nr. 859/2008), und die Vorschriften der LuftBO enthielten kein Anrechnungsverbot. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 93 bis 96 d. A.).

Gegen dieses ihr am 01. Juni 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Juni 2010 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 02. August 2010 begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren Vortrag und behauptet, die Beklagte gestalte die Dienstpläne systematisch in der Weise, dass Flugereignisse so zugewiesen würden, dass danach anfallende Ruhezeiten in die Zeit eines bereits genehmigten Erholungsurlaubs fielen. Dementsprechend lasse sie auch keine Requests auf Umläufe zu, nach deren Abschluss die Ruhezeit in die Zeit bis zum Beginn eines bereits festgelegten Erholungsurlaubs gelegt werden könne. Die Klägerin meint, die Beklagte verkürze damit systematisch den Urlaubsanspruch ihrer Kabinenmitarbeiter. Sie vertritt die Auffassung, die Ruhezeitregelungen für das fliegende Personal dienten gegenüber der in § 5 ArbZG geregelten Ruhezeit für Bodenbetriebe weitergehenden Zwecken, nämlich der Sicherheit des Luftverkehrs, und sollten im Sinne der gesundheitlichen Prävention der Besonderheit Rechnung tragen, dass im Flugverkehr zum Teil erhebliche Zeitzonen zu überbrücken seien und Arbeitsbänder im Bereich des Tagesrhythmustiefes anfielen. Ruhezeiten sollten insbesondere gewährleisten, dass ein geregelter Schlaf-Wach-Rhythmus nach der Zeitzone der Heimatbasis beibehalten werden könne. Die Ruhezeiten für Flugpersonal sollten dem Ausgleich der Auswirkungen von Zeitzonenunterschieden dienen und insoweit luftverkehrstypische Belastungen ausgleichen. Anders als die nach § 5 ArbZG zu gewährende Ruhezeit sei die durch die Beklagte gewährte Ruhezeit nach den tarifvertraglichen Bestimmungen wie auch nach der VO (EWG) Nr. 3922/91 durch das Personal auch zweckentsprechend zu nutzen. Die Gewährung von Ruhezeit durch Urlaub verletze die VO (EWG) Nr. 3922/91, führe zu einer Gefährdung des Luftverkehrs und lasse weder einen ordnungsgemäßen Urlaubsantritt noch eine freie Gestaltung des Urlaubs durch den Arbeitnehmer zu. Zweckentsprechende Verwendung der Ruhezeit schließe bestimmte Aktivitäten anlässlich eines Kurzurlaubs aus. Im Anschluss an einen Langstreckeneinsatz könne nicht ordnungsgemäß Urlaub angetreten werden, da der hiernach bestehende besondere körperliche Erschöpfungszustand und der ...

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