Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsgröße. Betriebsratswahl. Leiharbeitnehmer. Schwellenwert. Wahlanfechtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Leiharbeitnehmer sind nach § 9 BetrVG in der bis zum 27.06.2001 geltenden Fassung bei der für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BetrVG § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 14.09.2010; Aktenzeichen 4 BV 167/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 7 ABN 93/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. September 2010 – 4 BV 167/10 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist ein Unternehmen der Speditions- und Distributionslogistik. Sie beschäftigt Leiharbeitnehmer, wegen deren Zahl und der Häufigkeit der Einsätze auf die Aufstellung des Betriebsrats verwiesen wird (Bl. 80 ff. d. A.). Im Dezember 2009 forderte der Wahlvorstand den Manager A auf, ihm eine Wählerliste zur Verfügung zu stellen. Er erhielt zwei Dateien. Eine enthielt 152 unternehmensangehörige Beschäftigte, die andere 52 wahlberechtigte Leiharbeitnehmer. Im Wahlausschreiben wurde die Zahl der Beschäftigten mit 206 angegeben. Die Wahl fand am 2. März 2010 statt. Mit Aushang vom 8. März 2010 gab der Wahlausschuss bekannt, dass neun Betriebsratsmitglieder gewählt worden seien.

Die Beteiligte zu 1) hat, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, beantragt,

die am 2. März 2010 stattgefundene Betriebsratswahl der Niederlassung B für unwirksam zu erklären.

Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 2) hat vorgetragen, die Leiharbeitnehmer seien fester Bestandteil der Belegschaft. Sie würden nicht nur zum Abfangen von Auftragsspitzen eingesetzt. Ihre Zahl sei konstant hoch und betrage 50 bis 60. Es kämen fast immer dieselben Leiharbeitnehmer zum Einsatz. Diese würden von den Gruppen-, Schicht- und Abteilungsleitern der Beteiligten zu 1) geführt und zur Arbeit eingesetzt und erhielten von diesen ihre Weisungen. Der Betriebsrat ist weiterhin der Ansicht gewesen, bei der Bemessung der Beschäftigtenzahl müsse auch die Betriebsvereinbarung vom 7. März 2004 (Bl. 77 ff. d. A.) berücksichtigt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat dem Anfechtungsantrag durch Beschluss vom 14. Sept. 2010 – 4 BV 167/10 – stattgegeben. Es hat die Wahl für unwirksam angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Wahl sei wegen Verstoßes gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, nämlich § 9 Satz 1 BetrVG, rechtsunwirksam. Aus den vorgelegten Tabellen ergäben sich beträchtliche Schwankungen im Einsatz von Leiharbeitnehmern. Aus der Einsatzliste ergebe sich für 2009 eine Gesamtzahl von 155 Leiharbeitnehmern. Davon seien lediglich 13 in allen 12 Kalendermonaten, allerdings nicht an allen Arbeitstagen in einem Kalendermonat, eingesetzt gewesen. Im Juni 2009 seien 33, im September 77 Leiharbeitnehmer tätig gewesen. Diese Zahlen belegten, dass die Beteiligte zu 1) mit Leiharbeitnehmern nicht Dauerarbeitsplätze besetze, sondern diese zum Auffangen saisonaler Schwankungen einsetze. Daran ändere die Betriebsvereinbarung vom 7. März 2004 (Bl. 77 ff. d. A.) nichts, denn es komme für die Berechnung der Beschäftigtenzahlen nicht auf hypothetische Alternativverläufe an. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen.

Gegen diesen ihm am 24. Nov. 2010 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 10. Dez. 2010 per Telefax Beschwerde eingelegt und nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 28. Febr. 2011 an diesem Tag per Telefax begründet.

Der Betriebsrat greift die angefochtene Entscheidung damit an, die 52 wahlberechtigten Leiharbeitnehmer seien durchgängig auf unbestimmte Zeit und nicht nur vorübergehend beschäftigt gewesen. Diese seien fester Bestandteil der Belegschaft, würden von der Beteiligten zu 1) von vornherein fest eingeplant und von den Schicht-, Gruppen- und Abteilungsleitern geführt und zur Arbeit eingeteilt. 2009 seien im Monatsdurchschnitt 54,3 Leiharbeitnehmer eingesetzt gewesen. Nur in den beiden Monaten Juni und Juli 2009 habe es mit 33 und 35 eine geringere Zahl an Leiharbeitnehmern gegeben. Der Wahlvorstand sei zu dem Schluss gelangt, dass eine Beschäftigtenzahl von mehr als 200 für den Betrieb prägend sei. Unter Berücksichtigung der Betriebsvereinbarung vom 7. März 2004 (Bl. 77 ff. d. A.) habe der Wahlvorstand von einer Prognose von über 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern ausgehen können. Auf der Basis der Einsätze von Leiharbeitnehmern hätten nach de...

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