Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechte einer Prozesspartei bei unterbliebener Entscheidung des Arbeitsgerichts über einen Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe auch für den Mehrwert des im Rechtsstreit abgeschlossenen Vergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Arbeitsgericht über einen - auch ggf. konkludent gestellten oder im Wege der Auslegung sich ergebenden - Antrag einer Partei auf Gewährung der Prozesskostenhilfe auch für den Mehrwert des im Rechtsstreit abgeschlossenen Vergleichs nicht entschieden, kommt eine Ergänzung im Wege der sofortigen Beschwerde nicht in Betracht. Es bleibt allein die Möglichkeit einer innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung zu beantragenden Beschlussergänzung entsprechend § 321 ZPO.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 567 Abs. 1, §§ 321, 127 Abs. 2 Sätze 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Entscheidung vom 27.04.2015; Aktenzeichen 6 Ca 20/15)

ArbG Kassel (Entscheidung vom 26.02.2015; Aktenzeichen 6 Ca 20/15)

 

Tenor

Die sofortigen Beschwerden der Klägerin gegen die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Kassel vom 26. Februar 2015 und vom 27. April 2015 - Aktenzeichen 6 Ca 20/15 - werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Gegenstand der sofortigen Beschwerden ist die erstinstanzlich abgelehnte Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Mehrwert des im Rechtsstreit abgeschlossenen Vergleichs.

Die Klägerin hat am 20. Januar 2015, der Beklagten zugestellt am 23. Januar 2015, unter dem Aktenzeichen 6 Ca 20/15 beim Arbeitsgericht Kassel Befristungskontrollklage erhoben und zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe verlangt. Mit Beschluss vom 24. Februar 2015 - Aktenzeichen 6 Ca 20/15 (Bl. 32 d. A.) - hat das Arbeitsgericht Kassel nach beiderseitiger Annahme eines gerichtlichen Vergleichsvorschlages noch vor Durchführung einer Güteverhandlung das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs nach § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO festgestellt. Mit weiterem Beschluss vom 26. Februar 2015 (Bl. 5 des Beihefts) hat das Arbeitsgericht Kassel der Klägerin rückwirkend ab Antragstellung ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt und ihr zur Wahrnehmung der Rechte in dieser Instanz ausschließlich der Zwangsvollstreckung Rechtsanwältin A, B, beigeordnet. Mit dem am 18. März 2015 beim Arbeitsgericht Kassel eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag (Bl. 7 des Beihefts) hat die Klägerin vorsorglich Rechtsmittel gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 26. Februar 2015 eingelegt und beantragt, ihr die Prozesskostenhilfe auch für den Vergleich in vollem Umfang zu bewilligen. Mit Beschluss vom 27. April 2015 (Bl. 9 des Beihefts), zugestellt am 11. Mai 2015 (Bl. 10 des Beihefts), hat das Arbeitsgericht Kassel den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, da er erst nach Erledigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen Vergleich vom 24. Februar 2015 gestellt worden sei. Noch am 11. Mai 2015 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom gleichen Tag sofortige Beschwerde eingelegt. Wegen des Inhalts der Beschwerdebegründungen wird auf Bl. 7 sowie Bl. 11 und 12 des Beihefts Bezug genommen. Das Arbeitsgericht Kassel hat zunächst durch Beschluss vom 18. Mai 2015 (Bl. 13 des Beihefts) der sofortigen Beschwerde vom 18. März 2015 und mit weiterem Beschluss vom 22. Mai 2015 (Bl. 14 des Beihefts) der sofortigen Beschwerde vom 11. Mai 2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die sofortige Beschwerden der Klägerin sind gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft. Die Klägerin hat sie zudem gemäß §§ 567 Abs. 1, 127 Abs. 2 Satz 3 form- und fristgerecht eingelegt.

2. In der Sache haben die sofortigen Beschwerden aber keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht Kassel die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Mehrwert des im Rechtsstreit abgeschlossenen Vergleichs abgelehnt. Selbst wenn im Streitfall davon auszugehen sein könnte, dass in dem klägerischen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe in der Klageschrift vom 20. Januar 2015 - ggf. unter Berücksichtigung des weiteren klägerischen Schriftsatzes vom 23. Februar 2015 - zumindest konkludent ein Antrag auf Gewährung Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich enthalten war, hat das Arbeitsgericht Kassel über diesen Antrag jedenfalls nicht entschieden. Eine in diesem Fall allein mögliche Beschlussergänzung entsprechend § 321 ZPO hat hingegen die Klägerin nicht binnen zwei Wochen nach Zugang des Beschlusses vom 26. Februar 2015 beantragt. Im Einzelnen gilt hierzu folgendes:

a) Zunächst hat das Arbeitsgericht Kassel mit Beschluss vom 27. April 2015 den - eigenständigen - (weiteren) Antrag der Klägerin vom 18. März 2015, ihr die Prozesskostenhilfe auch für den Vergleich in vollem Umfang zu bewilligen, zutreffend zurückgewiesen. Diesen Antrag hat die Klägerin nach Abschluss der Instanz gestellt, denn der Rechtsstreit der Parteien war mit Beschluss über das Zustandekommen des Vergleichs vom 24. F...

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