Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleichsgebühr. Vergleich nicht rechtshängiger Ansprüche, Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erstattung einer Vergleichsgebühr aus der Landeskasse unter Berücksichtigung des „Mehrwerts” mitverglichener Ansprüche, die nicht rechtshängig waren, kommt nicht in Betracht, solange kein entsprechender Antrag auf ergänzende Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt und beschieden ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 121; BRAGO § 23 Abs. 1 S. 1, § 122

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Beschluss vom 13.08.2003; Aktenzeichen 2 Ca 648/01)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägervertreters vom 15. August 2003 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Marburg vom 13. August 2003 – 2 Ca 648/01 – wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien stritten in dem vorliegenden Rechtsstreit um die Wirksamkeit einer Kündigung, vom 28. November 2001. Gemäß Antrag aus der Klageschrift wurde dem Kläger durch Beschluss vom 06. März 2003 Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und ihm der Klägervertreter als Prozessbevollmächtigter beigeordnet. Der Rechtsstreit endete durch gerichtlichen Vergleich vom 29. Januar 2003. Die Streitwerte wurden – umgerechnet – auf 5.368,56 Euro für die Klage und auf 7.685,91 Euro für den Vergleich wegen Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche festgesetzt. Mit Antrag vom 14. November 2002 begehrte der Klägervertreter die Erstattung seiner Kosten aus der Staatskasse. Er machte je eine 10/10 Gebühr als Prozess-, Verhandlung- und Vergleichsgebühr geltend. Einschließlich Auslagen und Mehrwertsteuer errechnete der Klägervertreter insgesamt 839,23 Euro. Mit Festsetzung vom 18. November 2002 wurden abweichend 827,08 Euro festgesetzt mit der Begründung, es sei das nach dem 01. Januar 2002 geltende Kostenrecht anzuwenden. Dieser Beschluss wurde dem Klägervertreter am 28. November 2002 übersandt.

Am 03. Juli 2003 forderte der Klägervertreter in einem „berichtigten Kostenerstattungsantrag für Prozesskostenhilfe” weitere 135,72 Euro unter Zugrundelegung der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 04. Februar 2003 – 2 AZB 18/02), nach der dem Anwalt nunmehr bei mitverglichenen nicht rechtshängigen Ansprüchen eine 15/10 Gebühr aus dem Wert der einbezogenen Ansprüche zusteht. Durch Beschluss vom 29. Juli 2003 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle diesen Antrag zurück mit der Begründung, die Nachforderung sei verwirkt. Der hiergegen unter dem 11. August 2003 eingelegten Beschwerde half der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle am 12. August 2003 ebenso wenig ab wie das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 13. August 2003.

Der hiergegen erhobenen Beschwerde des Klägervertreters vom 15. August 2003 hat das Arbeitsgericht unter Verweis auf die aus seiner Sicht bestehende Verwirkung des Anspruchs nicht abgeholfen und sie dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO nach der Art des Rechtsbehelfs statthafte Beschwerde des Klägervertreters ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie formgerecht eingelegt. Der Beschwerdewert ist erreicht (§ 569 Abs. 2 ZPO; § 128 Abs. 4 Satz 1 BRAGO).

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht mit seinem Beschluss vom 13. August 2003 die Erinnerung des Klägervertreters zurückgewiesen, denn der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat in seinem Beschluss vom 29. Juli 2003 zu Recht den Antrag auf Erstattung weiterer 135,72 Euro zurückgewiesen. Der Klägervertreter kann die Erstattung dieser Summe aus der Staatskasse nicht verlangen.

Es mag dabei dahinstehen, ob, wie das Arbeitsgericht meint, die „Nachforderung” des Klägervertreters aus seinem „berichtigten Kostenerstattungsantrag” vom 03. Juli 2003 verwirkt ist.

Der Erstattungsanspruch ist zurückzuweisen, weil der Klägervertreter für den „Mehrwert” des gerichtlichen Vergleichs vom 29. Januar 2002 keine Prozesskostenhilfe beantragt hat und ihm demzufolge insoweit auch keine Prozesshilfe unter seiner Beiordnung bewilligt wurde. Eine Kostenerstattung durch die Staatskasse scheidet deshalb aus.

Die Kammer nimmt damit die bereits in ihrem Beschluss vom 01. August 2003 – 13 Ta 509/02 – geäußerten Bedenken wieder auf und gibt als nunmehr für die Kostenbeschwerden zuständige Kammer die Rechtsprechung anderer Kammern des Hessischen Landesarbeitsgerichts auf (vgl. z.B. die Beschlüsse vom 13. Juli 1987 – 1/11 Ta 54/87 –, vom 22. März 1999 – 9/6 Ta 429/98 –, vom 07. Februar 2001 – 2 Ta 53/01 –).

Die dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist (§ 122 Abs. 1 BRAGO). Soweit keine Prozesskostenhilfe bewilligt und keine Beiordnung vorgenommen wu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge