Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahlanfechtung leit. Angest.-Status

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Grundsätzlich ist im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens nicht zu klären, ob bestimmte Arbeitnehmer zu Recht oder Unrecht vom Wahlvorstand als leitende Angestellte angesehen werden oder nicht. Vielmehr hat der Wahlvorstand insoweit einen pflichtgemäß zu nutzenden Beurteilungsspielraum.

2.) Ist die von ihm insoweit bezogene Position vertretbar aber objektiv unrichtig, rechtfertigt ein solcher Verstoß noch keine Wahlanfechtung.

3.) Unterläßt der Wahlvorstand jedoch ihm zumutbare und mögliche Nachprüfungen, so ist er nicht mehr „gutgläubig”, weshalb das Zurückweisen oder Nichtzurückweisen eines Wahlvorschlages dann einen zur Anfechtung berechtigenden Wahlfehler dastellen kann.

4.) Nicht mehr „gutgläubig” in diesem Sine ist der Wahlvorstand, wenn er einen Wahlvorschlag wegen der angeblichen „leitender Angestellter” Stellung des Listenführers zurückweist und den Listenführer von der Wählerliste ohne dessen Anhörung streicht, obwohl er ihn bewußt als Wahlberechtigten auf der zunächst ausgehängten Wählerliste aufgeführt hatte.

 

Normenkette

BetrVG § 19

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 06.08.1998; Aktenzeichen 6 BV 7/98)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen denBeschluß des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 05. August 1998 – 6 BV 7/98 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Begründetheit der

Wahlanfechtung, mit der die Beteiligten zu 1) bis 4) die Betriebsratswahl im Betrieb der Arbeitgeberin vom 19.03.1998 angreifen.

Die Arbeitgeberin betreibt in Wiesbaden eine Klinik für Diagnostik.

Am 15.01.1998 erließ der Wahlvorstand das Wahlausschreiben für die am 19.03.1998 durchzuführende Betriebsratswahl (Bl. 157 bis 159 d. A.). Als letzter Termin für die Abgabe von Wahlvorschlägen war darin der 29.01.1998, 16.30 Uhr, vorgeschrieben (Bl. 158 d. A.). Gleichzeitig hängte der Wahlvorstand die Wählerliste aus. In dieser waren die Mitarbeiter … … und … handschriftlich zugefügt (Bl. 161 d.A.).

Her … ist Ärztlicher Direktor der Klinik. Frau … ist Pflegedienstleiterin. Hern … … arbeitet als Technischer Leiter. In ihren Anstellungsverträgen werden Frau … und Herr … als leitende Angestellte bezeichnet (Bl. 3, 11, 15 d. A.). Bereits mit Schreiben vom 15.10.1992 hatte die damalige Personalleiterin und jetzige Geschäftsführerin der Arbeitgeberin, Frau … im Zusammenhang mit Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und dem damaligen Betriebsrat über die Mitbestimmungspflichtigkeit von Überstunden darauf hingewiesen, Frau … sei leitende Angestellte i. S. von § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG (Bl. 42 d. A.). Im Dezember 1997 fragte der Wahlvorstand, dem die edvmäßig vorbereitete Personalliste zur Überprüfung vorlag, beim Personalleiter und Prokuristen … nach, wen die Arbeitgeberin als „leitende” Angestellte ansehe. Daraufhin teilte dieser mit, u. a. seien wegen dieser Eigenschaft Frau … und Herr … nicht in die zur Erstellung der Wählerliste dem Wahlvorstand überlassene Liste aufgenommen. Er bot an, darüber nach dem 05.01.1998 nochmals mit dem Wahlvorstand zu beraten (Bl. 41 d. A.). Der Wahlvorstand fügte die Namen

der Wählerliste von sich aus handschriftlich zu, bevor er diese am 15.01.1998 aushängte.

Am 27.01.1998 legten Frau … und Frau … die als Nr. 12 bzw. Nr. 5 auf der später als Wahlvorschlag „Liste Eins” eingereichten Liste aufgeführt sind (Hülle Bl. 194 d. A.), Einspruch gegen die Wählerliste ein, weil Frau … und Herr … leitende Angestellte seien (Bl. 146 d. A.). Über diesen Einspruch beriet der Wahlvorstand noch am 27.01.1998 mit dem Ergebnis, daß die handschriftlich auf die Wählerliste gesetzten Namen … und … noch am gleichen Tag ohne deren vorherige Benachrichtigung wieder gestrichen wurden (Bl. 105 d. A.).

Zu diesem Zeitpunkt wurden im Betrieb Stützunterschriften für einen weiteren Wahlvorschlag … gesammelt, auf dem Frau … als Listenführerin (Platz 1) und die Beteiligten zu 1) bis 4) dieses Verfahrens als Bewerber auf den Plätzen 2) bis 5) aufgeführt sind (Bl. 12 der BeiA 6 BVGa 1/98 – ArbG Wiesbaden –).

Am 29.01.1998 legten die am Beschwerdeverfahren zunächst bis zur Anhörung im Beschwerdetermin beteiligten Frau … (Beteiligte zu 7) und Herr … (Beteiligter zu (8) sowie ferner … gegen ihre Streichung von der Wählerliste Einspruch ein, weil sie keine leitenden Angestellten und deshalb zu Unrecht von der Wählerliste gestrichen worden seien (Bl. 15 bis 17 der BeiA 6 BVGa 1/98 – ArbG Wiesbaden –). Gleichzeitig mit diesen Einsprüchen ging am 29.01.1998 um 15.52 Uhr beim Wahlvorstand die Wahlvorschlagsliste … ein (Bl. 12, 15 bis 17 BeiA).

Der Wahlvorstand lehnte mit Schreiben vom 30.01.1998 die Einsprüche der Beteiligten zu 7) und 8) sowie des … ab (Bl. 18 bis 20 d. BeiA). Ebenfalls mit Schreiben vom 30.01.1998 wies der Wahlvorstand den Wahlvorschlag … als ungültig zurück (Bl. 21 d. BeiA).

Der Versuch der Bewerber mit den Listenplätzen 2) bis 4) der Liste … deren Zulassung zur Betriebsra...

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