Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung des Kostenbeamten an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Urkundsbeamte und die im Festsetzungsverfahren entscheidenden Gerichte sind an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung gebunden und haben sie ungeprüft zur Grundlage der Kostenfestsetzung zu machen. Dementsprechend kann auf eine Beschwerde der Staatskasse nur geprüft werden, ob gebührenrechtliche Einwendungen begründet sind.

 

Normenkette

RVG § 55

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 03.02.2012; Aktenzeichen 18 Ca 643/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägervertreterin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03. Februar 2012 - 18 Ca 643/11 - die Erinnerung des Bezirksrevisors vom 17. Januar 2012 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Juni 2011 - 18 Ca 643/11 - zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Am 14. Juni 2011 endete der vorliegende Rechtsstreit mit einem vor dem Arbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich. Am 28. Juni 2011 bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten. Bereits am 17. Juni 2011 hatte die Klägervertreterin Kostenfestsetzung gegenüber der Staatskasse in Höhe von 1.081,97 € beantragt. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 13 der Beiakte verwiesen.

Durch Beschluss vom 30. Juni 2011 wurde die von der Staatskasse zu zahlende Vergütung antragsgemäß auf 1.081,97 € festgesetzt. Hiergegen legte der Bezirksrevisor am 17. Januar 2012 Erinnerung ein mit dem Hinweis, die Prozesskostenhilfe hätte nicht bewilligt werden dürfen, da der entsprechende Antrag erst nach Verfahrensende gestellt worden sei. Daraufhin hob der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle durch Beschluss vom 03. Februar 2012 seinen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Juni 2011 wieder auf und ordnete die Rückzahlung des bereits ausgezahlten Betrages von 1.081,97 € an.

Nach Zustellung am 09. Februar 2012 erhob die Klägervertreterin hiergegen am 10. Februar 2012 "sofortige Beschwerde", der weder der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle noch das Arbeitsgericht abgeholfen haben, das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 27. März 2012. Es hat die Sache vielmehr dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II. Die gemäß den §§ 56 Abs. 2; 33 Abs. 3 bis 8 nach Art des Rechtsbehelfs statthafte so verstandene Beschwerde der Klägervertreterin ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt; der Beschwerdewert von mehr als 200,00 € ist erreicht (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG).

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 RVG).

Die Beschwerde der Klägervertreterin ist begründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juni 2011 lässt keine Rechtsfehler erkennen. Die Erinnerung des Bezirksrevisors ist deshalb zurückzuweisen und der abändernde Beschluss des Arbeitsgerichts vom 03. Februar 2012 aufzuheben.

Der Klägervertreterin steht die antragsgemäß bewilligte Vergütung aus der Staatskasse zu. Der Höhe nach sind auch keine Einwendungen erhoben worden.

Der Ansicht des Bezirksrevisors und, ihm folgend, des Arbeitsgerichts, eine Vergütung komme nicht in Betracht, weil zu Unrecht Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Sie verkennt die Bindung des Kostenbeamten an den Prozesskostenhilfebeschluss. Der Urkundsbeamte und die im Festsetzungsverfahren entscheidenden Gerichte sind an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung gebunden. Sie dürfen diese nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Sie haben sie vielmehr ungeprüft zur Grundlage der Kostenfestsetzung zu machen (OLG Köln vom 31. Januar 2007 - 17 W 269/06 -, zitierten nach juris; LAG Kiel vom 11. Oktober 2005 - 1 Ta 151/05 -, zitiert nach juris; Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage 2010, § 55 RVG Randziffer 24; Gerold/.../RVG, 19. Auflage 2010, § 55 Randziffer 21 f., jeweils m. w. N.). Dementsprechend kann auf eine Beschwerde der Staatskasse nur geprüft werden, ob der festgesetzte Betrag die berechtigten Forderungen des beigeordneten Rechtsanwalts übersteigt.

Solche gebührenrechtliche Einwendungen sind mit der Erinnerung des Bezirksrevisors jedoch nicht erhoben worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3287623

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