Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckungsabwehr bei Verlust der Betriebsidentität. Einzelfall einer erfolgreichen Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung aus einem Unterlassungstitel – der Beschluss entfaltet keine Wirkung mehr, weil der Betrieb als Bezugsobjekt entfallen ist (Entscheidung nach Zurückverweisung durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 18.03.2008 – 1 ABR 3/07 = BAGE 126, 161-169)

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein titulierter Unterlassungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber kann mit der Vollstreckungsgegenklage angegriffen werden, wenn der Betrieb nach Beendigung des Rechtsstreits unter Verlust seiner Identität in anderen betrieblichen Strukturen aufgegangen ist.

 

Normenkette

ZPO § 767 Abs. 1; ArbGG § 85 Abs. 1; BetrVG §§ 1, 3

 

Verfahrensgang

BAG (Beschluss vom 18.03.2008; Aktenzeichen 1 ABR 3/07)

Hessisches LAG (Beschluss vom 05.10.2006; Aktenzeichen 5 TaBV 39/06)

ArbG Darmstadt (Beschluss vom 26.01.2006; Aktenzeichen 7 BV 9/05)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 26. Januar 2006 – 7 BV 9/05 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage über die Zulässigkeit der Vollstreckung aus einem Unterlassungstitel wegen Vorfällen, die sich nach der Verschmelzung der A GmbH auf die B GmbH ereigneten.

Am 17.08.1989 erwirkte der Betriebsrat der „A GmbH” gegen die „A GmbH” beim Arbeitsgericht Darmstadt – 10/7 BV 22/89 – einen rechtskräftigen Beschluss, wonach der seinerzeitigen Arbeitgeberin aufgegeben wird, es zu unterlassen, „aus betrieblichem Anlass Arbeit von Arbeitnehmern über die betriebsübliche Zeit hinaus anzuordnen oder entgegenzunehmen”, solange der Betriebsrat oder die Einigungsstelle dem nicht zugestimmt hat. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in C die Hauptverwaltung des Unternehmens im „…weg” und die Station im „…weg”. Der Station wiederum waren sog. Business Units zugeordnet, nämlich: D, Innenstadt…weg; E; F; G; H; I; J, K. Die Hauptverwaltung war nach dem Board-System organisiert. Auf der obersten Hierarchieebene war ein Generalmanager und je ein Country Manager für die jeweiligen Fachbereiche (z. B. IT, Customer Service, Operations) angesiedelt. Darunter befanden sich die Regional Sales Manager und die Regional District Manager. Letztere waren nicht nur für Operations, Customer Service und Accounting verantwortlich, sondern sie hatten auch die Personalhoheit inne. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten die Einstellung und Kündigung der Arbeitnehmer sowie die Durchführung aller sonstigen Maßnahmen. Dabei zeichneten sie mit „i.V.”. Aufgabe der Station war es, Sendungen von Kunden abzuholen und zuzustellen und den Umschlag, d.h. die Verteilung der Sendungen zum Weitertransport auf dem Luftweg oder auf anderen Verkehrswegen, vorzunehmen. Die Sendungen waren sowohl für einen nationalen als auch für einen internationalen Empfängerkreis bestimmt. In den Stationen waren die Business Center Manager angesiedelt, die für Operations, Customer Service, Sales usw. in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich verantwortlich waren. Intern führten sie die Personalauswahl durch. Die Unterzeichnung der Anstellungsverträge war jedoch den District Managern vorbehalten. Diese Organisationsstruktur blieb bis 1994 unverändert. Zwischenzeitlich kam es lediglich zu Ortsveränderungen. 1991 wurde die Hauptverwaltung von C nach L verlagert und im Jahr 1993/1994 zog die Station innerhalb C vom …weg in die Straße …weg um. Seit der Wahl im Jahr 1982 wurde ein Betriebsrat für die Hauptverwaltung und die Station sowie die ihr zugeordneten Business Units gebildet.

Nach 1994 wurde die oberste Hierarchieebene der Hauptverwaltung dahingehend geändert, dass die nunmehr vier District-Direktoren jeweils in ihrem regionalen District für Operations, Sales und Customer Service zuständig waren. Daneben wurden für die Querschnittsbereiche Finanzen, IT und Personal eigene Direktoren eingesetzt. Von der Human Resources-Abteilung wurden alle Einstellungen, Kündigungen sowie sämtliche sonstigen Maßnahmen durchgeführt. Außerdem wurde nunmehr die Bewerberauswahl von der Hauptverwaltung maßgeblich gesteuert. So haben die Personalreferenten der Hauptverwaltung z. B. in den Business Centern Assessments für Kurierfahrer durchgeführt. Im Jahr 1999/2000 ist die Hauptverwaltung in die Stadt M umgezogen. Im Jahr 1999 änderte sich die Organisationsstruktur der Stationen dahingehend, dass unterhalb des Business Center Managers noch ein sog. OPS-Supervisor eingeführt wurde. Der Business Center Manager behielt die Gesamtverantwortung für Operations und Sales, kümmerte sich inhaltlich jedoch schwerpunktmäßig um den Bereich Sales. Der OPS-Supervisor war für die „betriebliche Seite” der Station verantwortlich. Ab dem Jahr 2002 wurde die Station von C nach N verlegt. Die Business Unit I wurde Ende 2003 und die Business Units G und H zum 31.12.2004 geschlossen. Ebenfalls stillgelegt wurde die Bu...

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