Entscheidungsstichwort (Thema)

Zutreffende Verfahrensart für eine Entgeltklage eines Betriebsratsmitglieds

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Entgeltklage eines Betriebsratsmitglieds für Zeiten, in denen Betriebsratsaufgaben nach § 37 Absatz 2 BetrVG wahrgenommen wurden, ist im Urteilsverfahren zu verfolgen (entgegen Kappelhoff/Kühnel ArbRB 2015, 151).

 

Normenkette

ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a)

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 28.09.2017; Aktenzeichen 3 BV 274/17)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.06.2018; Aktenzeichen 9 AZB 9/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2017 - 3 BV 274/17 - in der Fassung des (teilweisen) Abhilfebeschlusses vom 19. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die statthafte Verfahrensart.

Der Arbeitgeber (Beteiligter zu 2) betreibt ein Telekommunikationsunternehmen. Die Antragstellerin ist die Vorsitzende des dort gebildeten Betriebsrats. Zwischen den Beteiligten besteht Streit über den Umfang der von der Antragstellerin für Betriebsratstätigkeit aufgewendeten Arbeitszeit. Infolgedessen erteilte der Arbeitgeber der Betriebsratsvorsitzenden verschiedene Abmahnungen und behielt einen Teil ihres Gehalts (50 %) ein.

In dem Beschlussverfahren hat die Antragstellerin folgende Anträge angekündigt:

  1. die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin am 20. Dezember 2016, am 12. Januar 2017, am 16. Januar 2017 und am 27. Februar 2017 erteilten Abmahnungen aus deren Personalakte zu entfernen,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Mai 2017 ein weiteres Gehalt in Höhe von netto Euro 2148,56 zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 29. Mai 2017 zu zahlen,
  3. die Beklagte zu verurteilen, aus dem so genannten IPM-Form 2016 für die Klägerin den Vermerk "aufgrund beharrlicher Arbeitsverweigerung ist eine Bewertung der Leistung nicht möglich" herauszunehmen,
  4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juni 2017 ein weiteres Gehalt in Höhe von netto Euro 2148,56 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 26. Juni 2017 zu zahlen,
  5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 80 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Arbeitgeber hat den Antrag angekündigt,

den Antrag abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, sämtliche Anträge seien im Beschlussverfahren nicht statthaft; die richtige Verfahrensart sei das Urteilsverfahren.

Mit Beschluss vom 28. September 2017 (Bl. 190 ff der Akten) hat das Arbeitsgericht entschieden: Es wird festgestellt, dass für die Klageerweiterungen vom 21.6.2017, in der Fassung der Korrektur vom 11.9.2017 sowie vom 21.7.2017 das vorliegende Beschlussverfahren nicht die richtige Verfahrensart ist. Die vorliegenden Anträge werden vom Beschlussverfahren abgetrennt und in ein Ca-Urteilsverfahren übergeleitet. Hinsichtlich der Abmahnungsanträge wird festgestellt, dass das vorliegende Beschlussverfahren die richtige Verfahrensart ist.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 10. November 2017 zugestellt. Er hat dagegen am 24. November 2017 sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die geltend gemachten Zahlungsansprüche beruhten zwar auf einer anderen Anspruchsgrundlage als die Anträge auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte. Allerdings liege jeweils derselbe Lebenssachverhalt zugrunde. Im Übrigen setze sich der Beschluss überhaupt nicht mit dem schriftsätzlichen Vorbringen der Antragstellerin vom 7.9.2017 (Bl. 166ff der Akte) auseinander. Gleiches gelte für den Anspruch auf Korrektur des so genannten IPM-Forms.

Mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 (Bl. 222 der Akten) hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde teilweise abgeholfen und festgestellt, dass auch in Bezug auf den Antrag zu 3. das Beschlussverfahren die richtige Verfahrensart ist. Im Übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei eine von einem Betriebsratsmitglied erhobene Leistungsklage auf Arbeitslohn im Urteilsverfahren zu verfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, § 17a Abs. 4 S. 3 GVG, § 48 Abs. 1, § 78 ArbGG, § 567 Abs. 1 ZPO. Die 2-wöchige Beschwerdefrist ist eingehalten.

2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Nach der teilweisen Abhilfe durch das Arbeitsgericht ist nur noch über die Verfahrensart in Bezug auf die Anträge zu 2, 4 und 5 zu entscheiden. Hierbei handelt es sich um die Rest-Vergütungsansprüche der Antragstellerin für die Monate Mai und Juni 2017 nebst Zinsen sowie die Zahlung der Pauschale nach § 288 Abs. 5...

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