Rechtsbeschwerde zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsänderung durch Betriebsabspaltung. Sozialplan (durch Spruch einer Einigungsstelle). Unwirksamkeit wegen Ermessensfehlerhaftigkeit bei der Festsetzung von Abfindungen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Festsetzung von Abfindungen in einem durch Spruch einer Einigungsstelle aufgestellten Sozialplan sind (auch) der Gleichheitssatz und der Zweck der Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte nach §§ 111, 112 BetrVG 1972 zu beachten.

Sozialplanregelungen, die verschiedene Arten des Arbeitsplatzverlustes – aufgrund unbedingter Kündigungen, Ablehnung von zumutbaren Fortsetzungsangeboten im Rahmen von Änderungskündigungen, Eigenkündigungen, Aufhebungsverträgen – nicht differenziert, wenigstens hinsichtlich der Bemessung von Abfindungen der Höhe nach, einem Nachteilsausgleich durch Abfindungszahlungen zuführen, sind deshalb regelmäßig ermessensfehlerhaft.

 

Normenkette

BetrVG §§ 11, 112, 76 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19.03.1986; Aktenzeichen 17/13 Bv 31/85)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 19. März 1986 – 17/13 Bv 31/8,5 – abgeändert.

Es wird festgestellt, daß der durch Spruch der Einigungsstelle vom 8. Juli 1985 zustande gekommene Sozialplan … unwirksam ist.

Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht gegen diesen Beschluß wird für die Antragsgegner zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die von der Antragsteller in geltend gemachte Unwirksamkeit eines durch Spruch einer Einigungsstelle vom 8.7.1985 zustandegekommenen Sozialplanes auf dem Hintergrund der Ausgliederung der bisher von der Antragstellerin in sog. … betriebenen herstellerunabhängigen Ausbildung und Schulung in Bereich der Datenverarbeitung und die Zusammenfassung und Verselbständigung dieses Betätigungsbereiches in einem eigenen Unternehmen der C. GmbH, jetzt C. Weiterbildungs GmbH benannt (C -GmbH).

Wegen des zugrundeliegenden Sachverhaltes sowie des Vorbringens und der Anträge erster Instanz wird auf den tatbeständlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den auf Feststellung der Unwirksamkeit des von der Einigungsstelle am 8.7.1985 beschlossenen Sozialplanes gerichteten Antrag zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Zuständigkeit der Einigungsstelle sei gegeben, weil eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung sowohl in Form der Betriebseinschränkung als auch der Stillegung eines wesentlichen Betriebsteils vorliege und hat ferner die von der Antragstellerin ebenfalls gerügte Überschreitung der Ermessensgrenzen durch den Spruch der Einigungsstelle verneint; damit, ist das Arbeitsgericht insgesamt zur Wirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle gekommen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 23.6.1986 zugestellten Beschluß, auf den zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die am 18.7.1986 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und dort am 18.8.1986 begründete Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle weiterverfolgt.

Die Antragstellerin bleibt dabei, mangels Vorliegens einer sozialplanpflichtigen Betriebsänderung sei die Einigungsstelle für die von ihr getroffene Entscheidung unzuständig. Insbesondere im Hinblick auf die neueste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Sozialplanpflichtigkeit einer Betriebsaufspaltung bzw. eines Betriebsteilüberganges, trägt sie vor, sei eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation oder das Betriebszweckes … zu verneinen, da lediglich die 40 im Bereich C. des Betriebes Frankfurt beschäftigten Arbeitnehmer von insgesamt 385 Mitarbeiter betroffen seien; ihr eigentlicher Geschäftszweck, den sie im Betrieb F. verfolgt habe, sei der Verkauf und die Wartung von C. und Zubehör sowie die Entwicklung von Software, während der Bereich C demgegenüber nur ein Anhängsel des F. Betriebes sei. Ihren erstinstanzlichen Vortrag, bei dem Bereich C. habe es sich um einen eigenen Betrieb gehandelt, hält die Antragstellerin ebenso wenig aufrecht wie ihr Vorbringen, § 112 a BetrVG 1972 sei anwendbar. Im übrigen, auch was die Rüge von Ermessensfehlern angeht, wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren wird im übrigen auf ihre Beschwerdebegründung vom 18.8.1986 (Bl. 202 ff d.A.) sowie ihre weiteren Schriftsätze vom 1.4.1987 (Bl. 240 ff d.A.) sowie vom 16.11.1987 (Bl. 263 ff d.A.) Bezug genommen.

Die Antragsgegner verteidigen den angefochtenen Beschluß und treten dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen. Insoweit wird auf die Beschwerdebeantwortung vom 24.9.1986 (Bl. 224 ff d.A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

A. Die Wirksamkeit des angegriffenen Spruchs der Einigungsstelle ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil es an einem Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat infolge Nichtvorlieg...

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