Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsänderung = Wesentlichkeit eines Betriebsteils. ermessensfehlerhafter Sozialplan

 

Leitsatz (amtlich)

1). Die Wesentlichkeit eines Betriebsteils im Sinne des § 111 Satz 2 kann sich – unabhängig von der Zahl der in dem Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer – auch aus der wirtschaftlichen und/oder funktionellen Bedeutung dieses Betriebsteils für den (Gesamt-) Betrieb ergeben.

2). Die Nichtberücksichtigung im Sozialplan von Abfindungen, die einzelne Arbeitnehmer im Rahmen der vergleichsweisen Beilegung von Kündigungsschutzverfahren erhalten haben, für die Höhe von Sozialplanabfindungen führt nicht jedenfalls und nicht ohne weiteres zu der Ermessensfehlerhaftigkeit des Sozialplanes insoweit.

 

Normenkette

BetrVG 1972 §§ 111-112

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.08.1986; Aktenzeichen 2 Bv 1/86)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 28. August 1986 – 2 Bv 1/86 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht wird für die Antragstellerin zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten im vorliegenden Beschlußverfahren um die Wirksamkeit des durch Spruch einer Einigungsstelle aufgestellten Sozialplanes sowohl unter dem Gesichtspunkt der Zuständigkeit der Einigungsstelle wegen Vorliegens einer sozialplanpflichtigen Betriebsänderung wie auch unter dem Gesichtspunkt der Ermessensüberschreitung.

Der Druckereibetrieb der Antragstellerin, in dem Anfang 1982 251 Arbeitnehmer beschäftigt waren, ist in drei Bereiche – Technik, Verkauf, kaufmännischer Bereich/Verwaltung – aufgegliedert. Innerhalb des Bereiches Technik, der (bis 1982) die Texterfassung über die Satzherstellung (sowohl in moderner EDV-Technik als auch Bleisatz) bis hin zum eigentlichen Druck, der Weiterverarbeitung und den Versand umfaßte, sind 8 Abteilungen gebildet (vgl. das mit Schriftsatz vom 30.10.1987 vorgelegte Organisationsschema für den Betrieb der Antragstellerin; Bl. 74 d.A.). Dem Bereich Technik wie auch den einzelnen Abteilungen des Bereichs Technik stehen ein Bereichsleiter bzw. Abteilungsleiter vor.

Der angegriffene Sozialplan erfaßt Arbeitnehmer der ersten vier Abteilungen im Bereich Technik; diese vier Abteilungen begreift der Sozialplan als einen Betriebsteil „Satzherstellung und -verarbeitung.” Für die Veränderungen im Jahr 1982 in diesem derart erfaßten Betriebsteil hat sich die Einigungsstelle für zuständig gehalten und für Arbeitnehmer aus diesem Betriebsteil Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes vorgesehen. Abfindungsberechtigt sind nach dem Sozialplan 10 Arbeitnehmer (vgl. die Aufstellung der Antragstellerin in ihrer Antragschrift, Bl. 5 d.A.); für sie ergibt sich insgesamt eine Abfindungssumme (Sozialplanvolumen) von nahezu 50.000,– DM.

Wegen des zugrundeliegenden Sachverhaltes im übrigen, des Vortrages der Beteiligten und ihrer Anträge in erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse der Einigungsstelle vom 27.09.1985 (betreffend Zuständigkeit der Einigungsstelle) und 27.11.1985 (Abfindungsregelung) gerichteten Antrag des antragstellenden Arbeitgebers zurückgewiesen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 13.11.1986 zugestellten Beschluß, auf dessen Inhalt zur Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die am 12.12.1986 beim Beschwerdegericht eingegangene und dort am 12.01.1987 begründete Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.

Die Antragstellerin hält daran fest, die Zusammenfassung der vier Abteilungen im Bereich Technik zu einem Betriebsteil, wie es das Arbeitsgericht im Anschluß an die Erwägungen der Einigungsstelle für richtig gehalten habe, sei nicht berechtigt. Bei richtiger Abgrenzung seien kleinere Untereinheiten gegeben, die im Hinblick auf die Zahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht als wesentliche Betriebsteile gesehen werden könnten. Damit liege auch keine Betriebsänderung vor, weil nur unwesentliche Betriebsteile betroffen worden seien. Ansonsten verweist die Antragstellerin im wesentlichen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. – Wegen ihres zweitinstanzlichen Vorbringens in den Einzelheiten und im übrigen wird auf die Beschwerdebegründung vom 12.01.1987 sowie auf die weiteren Schriftsätze vom 30.10.1987 (nebst Anlage) und vom 28.01.1988 Bezug genommen.

Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluß mit Sach- und Rechtsausführung.

Insbesondere bringt er vor, daß die ersten vier Abteilungen im Bereich Technik 1982 unter einem Abteilungsleiter zusammengefaßt worden seien. Mit der Entlastung der 10 vom Sozialplan erfaßten Arbeitnehmer seien auch Betriebsanlagen in diesen Abteilungen stillgelegt worden; die gesamte Abteilung Bleisatz sei völlig aufgelöst worden

Wegen des Vorbringens des Antragsgegners in der Beschwerdeinstanz wird die auf die Beschwerdebeantwortung vom 04.03.1987 und den weit...

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