Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsbegründung im Beschlußverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im Beschlußverfahren sind Sachanträge zu begründen. Dies kann grundsätzlich bis zur Entscheidung über den gestellten Antrag nachgeholt werden – vorbehaltlich der Grenzen, die durch die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Prozeßführung und das Verbot prozessualen Rechtsmißbrauches unter Beachtung des im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltenden Beschleunigungsgrundsatzes vorgegeben sind.

Ist für die Antragstellung eine Frist vorgesehen und liegt bis zum Ablauf der Frist keine Begründung vor, so ist in Betracht zu ziehen, den Mangel der fehlenden Antragsbegründung als unbehebbar anzusehen mit der Folge, daß der gestellte Antrag endgültig unzulässig bleibt. Dies wird insbesondere dann zu gelten haben, wenn an die fristgemäße Antragstellung – wie etwa bei § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG 1972 – materiell-rechtliche Folgen geknüpft sind. In einem solchen Fall werden dann auch die an die fristgebundene Antragstellung geknüpfte Folgen nicht eintreten können.

 

Normenkette

ZPO § 253; BetrVG 1972 § 99 Abs. 4, § 100 Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 14.01.1988; Aktenzeichen 2 BV 88/87)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Offenbach vom 14.01.1988 – 2 BV 88/87 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die von der Antragstellerin (Arbeitgeber) beantragte Ersetzung der vom Antragsgegner (Betriebsrat) verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers K. in die Gehaltsgruppe K III des bei der Antragstellerin geltenden Firmentarifvertrages vom 6.7.1979 (FTV).

Wegen des zugrundeliegenden Sachverhaltes, des Vorbringens und der Anträge 1. Instanz der Beteiligten wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat den Zustimmungsersetzungsantrag als unzulässig abgewiesen.

Gegen diesen Beschluß, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. – Für die Daten der Zustellung des angefochtenen Beschlusses, der Beschwerdeeinlegung und- begründung wird auf die Feststellungen im Anhörungstermin vom 13.9.1988 vor dem Lendesarbeitsgericht verwiesen.

Die Antragstellerin trägt vor, sie habe das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet. Sie habe unter Beifügung der entsprechenden Unterlagen klargestellt, was ihr Begehren sei. Mit Schriftsatz vom 27.10.1987 habe sie noch einmal antragsbegründend auf alle diese Unterlagen Bezug genommen. Tatsächlich sei die umstrittene Eingruppierung auch in Gehaltsgruppe K III FTV vorzunehmen. – Hegen der Einzelheiten und des Vorbringens der Antragstellerin in der Beschwerdeinstanz wird auf ihre Beschwerdebegründung vom 24.3.1988 Bezug genommen.

Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluß. Er meint, zu einer ordnungsgemäßen Antragstellung gehöre auch die Darlegung des Antragsgrundes. Daran habe es beim verfahrenseinleitenden Schriftsatz der Antragstellerin gefehlt und bis heute liege noch keine ordnungsgemäße Antragsbegründung vor. Der Sache nach sei der betroffene Arbeitnehmer in die Vergütungsgruppe K IV FTV einzugruppieren; bei der Stelle, die der betroffene Arbeitnehmer übernehmen solle, handele es sich um eine solche nach Vergütungsgruppe K IV FTV. Eine niedrigere Eingruppierung während der Einarbeitungszeit sehe der Tarifvertrag lediglich vor bei Kundendienstberatern. – Wegen des Vortrages des Antragsgegners im übrigen wird auf seine Beschwerdebeantwortung mit Schriftsatz vom 8.8.1988 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Im Ergebnis ist die angefochtene Entscheidung zu halten. Die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu der von der Antragstellerin beabsichtigten Eingruppierung des betroffenen Arbeitnehmers in die tarifliche Vergütungsgruppe K III FTV ist nicht zu ersetzen.

1) Das folgt – entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und auch des Antragsgegners – aber nicht bereits daraus, daß der Antrag auf Zustimmungsersetzung unzulässig wäre.

a) Zwar ist der Ausgangspunkt richtig gesehen, daß auch im Beschlußverfahren zu einem Antrag, soll er zulässig sein, eine Begründung gehört (vgl. BAG AP Nr. 14 zu § 18 BetrVG 1952), d.h. – neben der Angabe des Gegenstandes – die Angabe des Grundes für den verfolgten Anspruch. Doch die fehlende Begründung bei Antragstellung macht einen Antrag grundsätzlich nicht – von vornhinein und unbehebbar – unzulässig; eine fehlende Begründung kann – innerhalb der zeitlichen Grenzen, die durch prozessualen Rechtsmißbrauch und den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Prozeßführung unter Beachtung des im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltenden Beschleunigungsgrundsatzes vorgegeben sind – nachgeholt werden; letztlich erst im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag kommt das Fehlen einer Begründung zum Tragen, läßt den Antrag deshalb als unzulässig erscheinen und führt zur Abweisung des...

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