Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschließung. Betriebsratsamt. Neuwahl. Rücktritt

 

Leitsatz (amtlich)

Einem wegen sexueller Belästigung ausgeschlossenen Betriebsratsmitglied, das nach Rücktritt des Betriebsrats und seiner Wiederwahl erneut amtiert, kann auf Antrag des Arbeitgebers durch einstweilige Verfügung die Amtsausübung bis zur Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung im erneuten Ausschließungsverfahren untersagt werden, wenn glaubhaft gemacht ist, dass Rücktritt und Neuwahl ein rechtsmissbräuchliches Umgehungsverhalten darstellen oder wenn die Ausschließungsgründe sich weiterhin auswirken.

 

Normenkette

BetrVG vom 26.10.2009 § 23 Abs. 1; ZPO vom 26.10.2009 §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 03.07.2009; Aktenzeichen 18 BVGa 399/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03. Juli 2009 – 18 BVGa 399/09 – teilweise abgeändert.

Dem Beteiligten zu 2) wird die Ausübung des Betriebsratsamtes bis zur Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung im Ausschließungsverfahren (ArbG Frankfurt am Main – 18 BV 403/09 –) untersagt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin begehrt im Wege des Eilbeschlussverfahrens die vorläufige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamtes des Beteiligten zu 2). Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Gebäudereinigungsbranche. Sie führte u.a. im Auftrag der A GmbH die Reinigung eines …gebäudes, in dem sich eine Großküche befindet, durch. In diesem Objekt waren etwa 35 Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1) tätig. Der Beteiligte zu 2) wurde auf Antrag der Beteiligten zu 1) aus dem Betriebsrat ausgeschlossen (Hess. Landesarbeitsgericht – 9 TaBV 141/08 – Beschluss vom 11. Dez. 2008, Vorinstanz ArbG Frankfurt am Main – 3/14 BV 1381/07 –). Der Betriebsrat bestand aus drei Mitgliedern. Der am 25. Dezember 1962 geborene, verheiratete Beteiligte zu 2) ist seit Oktober 2000 bei der Beteiligten zu 1) im Objekt B beschäftigt. Er gehört dem Beteiligten zu 3) seit dem 2. Juni 2004 ununterbrochen an.

Bei der Beteiligten zu 1) war von Februar 2006 bis zum 31. Januar 2007 aufgrund befristeten Vertrages die türkischsprachige Mitarbeiterin C als Reinigungskraft beschäftigt. Am 26. März 2007 ging bei der Beteiligten zu 1) ein Telefaxschreiben der Zeugin C mit dem Datum des 23. März 2007 ein, in dem diese mitteilte, der Beteiligte zu 2), der sie eingestellt habe, belästige sie seit dem Beginn ihrer Beschäftigung bei der Beteiligten zu 1) sexuell. Er habe eine Gegenleistung für ihre Einstellung gefordert, habe auf der Arbeitsstelle wiederholt versucht, sie anzufassen und habe ihr mehrfach erklärt, nur wenn sie sich auf sexuelle Kontakte mit ihm einlasse, schließe er mit ihr einen Festvertrag. Die Belästigungen seien so stark geworden, dass sie keine andere Möglichkeit mehr gesehen habe, als sich bei der Beteiligten zu 1) zu melden. Unter dem Datum des 30. März 2007 gab die Zeugin bei Rechtsanwalt D eine eidesstattliche Versicherung ab, mit der sie versicherte, der Beteiligte zu 2) habe wiederholt versucht, sie auf der Arbeitsstelle anzufassen und ihr gegen Ende der Befristungszeit angeboten, er werde sich für ihre unbefristete Übernahme einsetzen, sofern sie sich ihm sexuell hingebe. Der Antrag der Beteiligten zu 1) vom 3. April 2007 auf Ersetzung der vom Beteiligten zu 3) verweigerten Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 2) blieb vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main und dem Hessischen Landesarbeitsgericht (– 20 TaBV 244/07 – Beschluss vom 28. Aug. 2008) erfolglos.

Die Beschwerdekammer hat die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) nach Vernehmung der Zeugin C sowie der Zeugen Rechtsanwalt D und E durch Beschluss vom 11. Dez. 2008 zurückgewiesen. Die Beschwerdekammer hat zur Begründung ausgeführt, der Beteiligte zu 2) habe die Zeugin C unter Missbrauch seines Betriebsratsamtes massiv sexuell belästigt. Die Zeugin habe mit ihrer Aussage die Vorwürfe bestätigt, die bereits Gegenstand ihres Telefaxes vom 23. März 2007 und ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 30. März 2007 gewesen seien. Die Zeugin habe geschildert, der Beteiligte zu 2) habe nach der Einstellung von ihr als Dank verlangt, dass sie sich mit ihm sexuell einlasse. Sie hätte ihm gesagt, sie könne ihn zum Essen einladen. Er habe darauf geantwortet, und nach dem Essen gingen sie in ein Hotel oder in ihre Wohnung. Er habe auch während des Arbeitsverhältnisses versucht, sie anzufassen und zu küssen. Sie habe sich dem entzogen. Zum Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses hätte er ihr erneut angeboten, sich für ihre Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzusetzen, wenn sie sich ihm sexuell hingeben würde. Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte er ihr derartige Angebote gemacht und sie zu Hause und sogar in F angerufen.

Die Beschwerdekammer hat weiter ausgeführt, der Beteiligte zu 2) hätte dadurch sein Betriebsratsamt und die damit in den Aug...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge