Leitsatz

Unverjährbarer und auch nicht verwirkter Herausgabeanspruch eines sondernutzungsberechtigten Speicherraum-Eigentümers gegen die restlichen Eigentümer

 

Normenkette

§ 15 Abs. 3 WEG; §§ 903 Abs. 1, 985 BGB

 

Kommentar

  1. In der Gemeinschaftsordnung war vereinbart: "Der teilende Eigentümer ist berechtigt, bei der Beurkundung von Verträgen über die – von ihm aus betrachtet – erstmalige rechtsgeschäftliche Veräußerung von Sondereigentumseinheiten festzulegen, ob und ggf. welcher Raum im Speicher einem Erwerber und künftigem Eigentümer einer Sondereigentumseinheit zur alleinigen und unentgeltlichen Nutzung (Sondernutzungsrecht) zustehe. Unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zur jeweiligen Sondernutzung allein berechtigte Sondereigentümer in vorstehender Form bestimmt werde, sind die jeweils anderen Sondereigentümer von der Nutzung des Speicherraums ausgeschlossen und haben die unentgeltliche Sondernutzung zu dulden."

    Im Kaufvertrag eines Klägers 1989 wurde diesem auch das Sondernutzungsrecht an bestimmten Speicherräumlichkeiten mitverkauft, aufgelassen und im Grundbuch eingetragen.

    Erstaunlicherweise hätten die auf Herausgabe in Anspruch genommenen beklagten Eigentümer nach über 20 Jahren zum ersten Mal von der Begründung entsprechender Sondernutzungsrechte erfahren.

  2. Wurde insoweit ein Sondernutzungsrecht wirksam begründet, ohne dass bisher die übrigen Eigentümer hiervon Kenntnis erhielten und wird vom Berechtigten von diesem Recht auch erst nach 20 Jahren Gebrauch gemacht, sodass mögliche Ansprüche der übrigen Eigentümer gegen den teilenden Veräußerer undurchsetzbar geworden seien, führt dies weder zur Verjährung noch Verwirkung eines Herausgabeanspruchs und kann auch keinen Einwand treuwidrigen Verhaltens des Klägers begründen. Verjährung eines solchen Anspruchs nach § 15 Abs. 3 WEG und § 985 BGB unterliegt gemäß § 902 Abs. 1 BGB keiner Verjährung (vgl. Spielbauer/Then, § 15 WEG Rn. 32). Der Herausgabeanspruch ist aber auch nicht verwirkt, da ein Verwirkungseinwand grundsätzlich nur dann möglich wäre, wenn die Herausgabe ausnahmsweise für den Besitzer schlechthin unerträglich wäre. Von einem solchen Ausnahmefall ist vorliegend nicht zu sprechen. Mit solchen zulässigen Vereinbarungsklauseln, die einen Bauträger anfänglich ermächtigen, weitere Sondernutzungsrechte zu begründen, müssen alle Eigentümer aufgrund geltender Rechtslage rechnen, da auch ihnen die Gemeinschaftsordnung bekannt sein musste. Auch nach Grundbuchrecht ist es nicht vorgesehen, dass alle übrigen Eigentümer zwingend von einer wirksamen Begründung von Sondernutzungsrechten oder der Eintragung solcher Rechte Mitteilung erhalten. Durch eine großzügigere Handhabung des Verwirkungs-Instituts sind etwaige Unzulänglichkeiten des Grundbuchrechts in Bezug auf solche Sondernutzungsrechte nicht zu beheben.
 

Link zur Entscheidung

AG München, Urteil vom 15.10.2012, 485 C 16639/12 WEG

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