Leitsatz

Soweit eine Hausordnung das Baden nach 24 Uhr untersagt, ist sie unwirksam, da sie mit wesentlichen Rechten nicht vereinbar ist, die sich aus der Natur des Mietverhältnisses ergeben. Der Vermieter kann seinem Wohnungsmieter daher nicht fristlos kündigen, weil dieser entgegen der Hausordnung und ungeachtet zahlreicher Abmahnungen noch nach 24 Uhr badet (Leitsatz der Redaktion).

 

Sachverhalt

Trotz wiederholter Abmahnungen durch die Vermieterin unterließ der Mieter in einem Mehrfamilienhaus nicht, entgegen der Hausordnung noch nach 24 Uhr zu baden. Die Vermieterin hat dem Mieter fristlos gekündigt und begehrt die Räumung der Mietwohnung.

 

Entscheidung

Die Vermieterin kann dem Mieter das nächtliche Baden nicht durch die Hausordnung verbieten! Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen. Sie ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren (§ 9 AGBG). Der Mietgebrauch umfaßt grundsätzlich alle Teile der Wohnung. Der Mieter kann daher ein vorhandenes Bad zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzen. Waschen, auch nächtliches Duschen bzw. Baden gehört zur normalen Lebensführung eines Mieters. Bestimmte Badezeiten lassen sich aus dem Mietgebrauch selbst nicht ableiten; entsprechende Formularklauseln sind daher unzulässig. Das Baden auch zur Nachtzeit ist sozialadäquat. Die Vermieterin hat nicht dargelegt, daß der Mieter die Grenzen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) überschritten hätte. Das Geräusch ein- und ablaufenden Wassers zählt zu den normalen Wohngeräuschen, die von allen Mitbewohnern hingenommen werden müssen. Wenn Mitmieter gestört werden sollten, mag ein Mangel (§ 537 BGB) vorliegen. Dieser könnte dem Mieter jedoch nicht angelastet werden. Der Verstoß gegen die unwirksame Klausel in der Hausordnung berechtigt die Vermieterin daher auch nicht zur Kündigung.

 

Link zur Entscheidung

LG Köln, Urteil vom 17.04.1997, 1 S 304/96

Fazit:

Wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Mietvertrages ergeben, dürfen durch eine Formularklausel nicht derart eingeschränkt werden, daß der Vertragszweck gefährdet ist: Das Wohnen umfaßt alles, was zur Benutzung der gemieteten Räume als existentiellem Lebensmittelpunkt des Mieters und seiner Familie gehört. Damit ist die gesamte Lebensführung des Mieters in allen ihren Ausgestaltungen und mit allen ihren Bedürfnissen gemeint. Sollte durch die Hausordnung eine entsprechende Betätigung des Mieters, sei es auch für die Nachtzeit, unterbunden werden, so ist dies mit dem Grundgedanken des Mietrechtes nicht in Einklang zu bringen.

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