Wenn ein Wohnungseigentümer seine Pflichten als Wohnungseigentümer so schwer verletzt, dass sein Verbleiben in der Gemeinschaft für die übrigen Wohnungseigentümer unzumutbar wird, können die anderen Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Steht ein Wohnungseigentum mehreren Wohnungseigentümern gesamthänderisch zu und stört nur einer von ihnen, kann die Entziehung des Wohnungseigentums von allen verlangt werden.[1] Bei Bruchteilseigentum gilt nichts anderes. Die Miteigentümer können die Entziehung dadurch abwehren, dass sie den Störer ausschließen. Nach § 17 Abs. 1 WEG berechtigt ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

 

Checkliste: Entziehung eines Wohnungseigentums

  • Mehrfache Abmahnung des Störers durch den Verwalter.

    • Die Abmahnung muss informieren, was zu tun ist, um die Entziehung zu vermeiden. Sie zielt darauf ab, dem Wohnungseigentümer ein bestimmtes, als Entziehungsgrund beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten aufzugeben oder zu ändern.
    • Die Abmahnung soll dem Betroffenen eine Möglichkeit zur Verhaltensänderung geben. Was der Wohnungseigentümer auf die Abmahnung zur Rechtfertigung oder Erklärung seines Verhaltens vorbringt, ist auszuwerten.
  • Das Veräußerungsverlangen ist auf die Tagesordnung einer Versammlung zu nehmen. In der Ladung sollten die Veräußerungsgründe im Einzelnen geschildert werden.
  • Abstimmung über das Veräußerungsverlangen. Der Beschluss bedarf einer einfachen Stimmenmehrheit.
  • Der Wohnungseigentümer veräußert sein Wohnungseigentum. Veräußert er nicht, ist durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Entziehungsklage zu erheben. Soll der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertreten und einen Rechtsanwalt beauftragen, bedarf es einer entsprechenden Ermächtigung.
  • Ist die Entziehungsklage zulässig und begründet, ergeht ein Veräußerungsurteil (Entziehungsurteil). Es hat die Wirkungen des § 894 Satz 1 ZPO, ersetzt aber nicht die zur Veräußerung erforderlichen Erklärungen Dritter, etwa die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes bei Minderjährigen oder unter Betreuung stehenden Personen oder die Zustimmung nach § 12 WEG.
  • Aus dem Veräußerungsurteil kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer 30 Jahre lang vollstreckt werden (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
  • Das rechtskräftige Veräußerungsurteil führt gemäß § 25 Abs. 4 WEG dazu, dass der verurteilte Wohnungseigentümer kein Stimmrecht mehr besitzt.

2.1 Voraussetzungen

Voraussetzung für ein Entziehungsverlangen ist, dass sich ein Wohnungseigentümer einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht hat, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann. Was eine "schwere" Verletzung ist, sagt § 17 Abs. 1 WEG nicht. Allerdings benennt § 17 Abs. 2 WEG ein Regelbeispiel.

Bei der Entscheidung der Frage, ob eine Pflichtverletzung schwer ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und die Interessen der Beteiligten insgesamt gegeneinander abzuwägen.[1] Es ist zu berücksichtigen, dass die Entziehung des Wohnungseigentums angesichts des besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes von Eigentumsrechten nur als letztes Mittel dienen kann, wenn mildere Maßnahmen wie etwa klärende Gespräche oder eine Abmahnung des Störers keinen Erfolg gebracht haben.[2] Ein Entziehungsgrund kann aus der Sphäre des Auszuschließenden kommen, kann aber auch durch Haushalts- oder Familienangehörige bzw. Mieter verursacht worden sein. Da ein Wohnungseigentümer für seine Mieter einzustehen hat, kann auch ein intolerables Fehlverhalten von Mietern, das der betreffende Wohnungseigentümer nicht unterbinden kann oder will (z. B. Trinkgelage zwischen Mieter und Untermieter trotz wiederholter polizeilicher Einsätze) einen Entziehungsanspruch begründen.[3] Bei Fehlverhalten Dritter kann ein eigenes Fehlverhalten des Wohnungseigentümers auch darin liegen, dass er gravierende Störungen, z. B. des Hausfriedens, hinnimmt und keine Schritte gegen den Dritten einleitet. Die Verletzung muss einem anderen Wohnungseigentümer, dessen Haushalts- oder Familienangehörigen bzw. Mietern gelten.

2.1.1 Verstöße gegen die Pflichten aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 WEG

Nach § 17 Abs. 2 WEG ist das Veräußerungsverlangen insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Wohnungseigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 Abs, 1, Abs. 2 WEG obliegenden Pflichten verstößt. Infrage kommt die konkrete Ausgestaltung einer Vermietung eines Wohnungseigentums an Feriengäste[1] oder der Fall, dass derjenige, der ein Wohnungseigentum in Folge einer Entziehungsklage erworben hat, dem Wohnungseigentümer, dem das Wohnungseigentum nicht lediglich wegen Zahlungsverzugs entzogen worden ist, den Besitz am S...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge