1.2.1 Beschluss

Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist ein Druck- und Sicherungsmittel und geht über die dem Verwalter eingeräumten Befugnisse zur Anforderung laufender und rückständiger Zahlungen hinaus. Sie bedarf daher grundsätzlich – außer in Notfällen – eines Beschlusses.[1] Für diesen Beschluss besteht eine Beschlusskompetenz.[2] Wie stets ist darauf zu achten, dass er formell ordnungsmäßig nach § 23 Abs. 2 WEG angekündigt und bestimmt genug gefasst wird.

 

Musterbeschluss: Versorgungssperre

TOP XX: Androhung und Veranlassung einer Versorgungssperre für Wohnungseigentum Nr. ___

Der Verwalter wird angesichts der Hausgeldforderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen Wohnungseigentümer ________ (Name) in Höhe von ______ EUR beauftragt und ermächtigt:

  • Wohnungseigentümer _______ (Name) die Entziehung der Ver- und Entsorgungsleistungen von Wasser, Heizenergie und Gas mit einer angemessenen Frist anzudrohen,
  • wenn die Androhung nichts fruchtet, dafür zu sorgen und die entsprechenden Schritte einzuleiten, dass dem Wohnungseigentum ____ (Nummer) kein Wasser, keine Heizenergie und kein Gas mehr mit Zahlungsverpflichtung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geliefert wird,
  • Wohnungseigentümer _______ (Name) unter Fristsetzung von 2 Wochen zur Duldung der Anbringung von Absperrvorrichtungen einschließlich eines etwaigen Betretens der Wohnung aufzufordern,
  • die Versorgungssperre unter Beauftragung eines fachkundigen Rechtsanwaltes notfalls auch gerichtlich durchzusetzen,
  • etwaige Kosten der Erhaltungsrücklage zu entnehmen.

Die Versorgungsleistungen sind wiederaufzunehmen, wenn Wohnungseigentümer _______ (Name) seine Hausgeldrückstände auf einen Betrag zurückgeführt hat, der weniger als 3 monatliche Zahlungen beträgt, wobei titulierte und nicht titulierte Rückstände zu berücksichtigen sind.

Zahlt ein Dritter, gilt nichts anderes.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

______________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

[1] BGH, Urteil v. 10.6.2005, V ZR 235/04, ZMR 2005 S. 880, 881; Armbrüster, WE 1999 S. 14, 17; Kümmel/v. Seldeneck, GE 2002, S. 1045.

1.2.2 Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses

Erheblicher Rückstand

Die Bedeutung der zurückbehaltenen Versorgungsleistungen und die Pflicht zur Rücksichtnahme der Wohnungseigentümer untereinander bzw. der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber einem Wohnungseigentümer, lässt einen Beschluss, die Versorgung zu unterbinden, nur bei einem erheblichen Zahlungsrückstand des betroffenen Wohnungseigentümers rechtmäßig sein. Als erheblich ist insoweit ein Rückstand mit mehr als 6 Monatsbeträgen des Hausgeldes anzusehen.[1]

Fälliger Anspruch

Die Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer müssen fällig sein und zweifelsfrei bestehen.[2]

Verhältnismäßigkeit

Im Einzelfall kann eine Versorgungssperre unverhältnismäßig sein – etwa bei einer Gesundheitsgefährdung oder wegen des Alters des Wohnungseigentümers oder seines Drittnutzers.[3]

§ 149 ZVG

§ 149 ZVG steht einem Beschluss nicht entgegen. Dieser Vorschrift kann nicht entnommen werden, dass ein Wohnungseigentümer seit Anordnung der Zwangsverwaltung berechtigt ist, mietfrei in der zwangsverwalteten Wohnung zu wohnen und lediglich die laufenden Versorgungskosten zu zahlen hat. Was § 149 ZVG für die Zwangsverwaltung selbst genutzten Sondereigentums bedeutet, ist zwar noch nicht vollständig geklärt.[4] § 149 ZVG regelt aber jedenfalls nur das Verhältnis zum die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger, nicht aber das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander. Diese Beziehungen unterliegen anderen Regeln.[5]

 

Keine Räumung bei Zwangsverwaltung

Einem Schuldner, dem gemäß § 149 Abs. 1 ZVG das Sondereigentum belassen wurde, kann das Vollstreckungsgericht nicht deshalb nach § 149 Abs. 2 ZVG die Räumung aufgeben, weil er das auf sein Wohnungseigentum entfallende laufende Hausgeld nicht bezahlt.[6]

[1] BGH, Urteil v. 10.6.2005, V ZR 235/04, ZMR 2005 S. 880, 882; OVG Berlin-Brandenburg v. 25.2.2013, OVG 2 S 29.12, ZWE 2013 S. 234, 235.
[3] Dazu Gaier, ZWE 2004, S. 109, 115.
[4] Dazu unter anderen Walke, ZfIR 2006, S. 606, 610; Hintzen, Rpfleger 2006, S. 57, 64; Schmidberger, Rpfleger 2004, S. 237; Vogl, ZMR 2003, S. 716, 719.

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