Leitsatz

Der Erwerber (Sonderrechtsnachfolger) haftet weder als Handlungs- noch als Zustandsstörer im Fall vorgenommener baulicher Veränderungen durch den Veräußerer

 

Normenkette

§§ 14, 22 WEG; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Der Erwerber eines Wohnungseigentums als Sondernachfolger ist bezüglich baulicher Veränderungen des Veräußerers weder Handlungs- noch Zustandsstörer im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum (hier: nachteilige Veränderung des gesamten Fußbodens mit Decken-Mehrbelastung, verringerter Wärmedämmung und erhöhtem Trittschall). Rückbau- bzw. Beseitigungskosten sind hier auch nicht den Folgekosten im Sinne des § 16 Abs. 3 WEG gleichzusetzen. Eine erneute Veränderung im Sinne eines Rückbaus kann nur der allgemeinen Regelung in § 16 Abs. 2 WEG unterfallen.
  2. Nur ein Handlungsstörer unterliegt als Veranlasser Beseitigungspflichten gem. § 1004 BGB; die Eigenschaft als Handlungsstörer kann bereits begrifflich nicht auf Erwerber übergehen. Nur ein Erbe als Gesamtrechtsnachfolger haftet insoweit gem. § 1922 BGB (h. R. M.). Da zwischen einem Erwerber und der Gemeinschaft zum Zeitpunkt der Vornahme baulicher Veränderungen kein Rechtsverhältnis bestanden hat, welches eine Haftung hätte auslösen können, sondern der neue Eigentümer die Wohnung in jetziger Gestalt erworben hat, kann die Gemeinschaft gegen den neuen Eigentümer auch keinen Beseitigungsanspruch als Handlungsstörer geltend machen.
  3. Gleichermaßen scheidet eine Haftung des Erwerbers als Zustandsstörer aus, da der Rechtsvorgänger durch einen abgeschlossenen Akt in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen hat. Ein Anspruch auf Beseitigung oder Wiederherstellung kann deshalb nur gegen die Gemeinschaft gerichtet werden mit der Folge, dass die Kosten dafür gem. § 16 Abs. 2 WEG von allen Wohnungseigentümern zu tragen sind. Es kann in diesem Zusammenhang nicht gesagt werden, der Erwerber sei alleiniger Zustandsstörer, denn hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums sind alle Wohnungseigentümer gemeinsam für den ordnungsgemäßen Zustand verantwortlich, selbst wenn der beschädigte Teil im Bereich nur eines Sondereigentums liegt. Den Erwerber des betreffenden Sondereigentums trifft nur die besondere Verpflichtung, die Beseitigung zu dulden (h. R. M.).
  4. Insoweit gibt es auch keine "Verdinglichung" der Haftung eines Rechtsnachfolgers bei baulichen Veränderungen. Ein ursprünglicher Handlungsstörer wird auch durch den Verkauf seines Sondereigentums nicht von der Haftung befreit. Auch durch Beschluss der Gemeinschaft kann eine nicht existierende Haftung des Rechtsnachfolgers nicht herbeigeführt werden, auch nicht aus Billigkeitsgründen.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamburg, Beschluss vom 24.01.2006, 2 Wx 10/05Hans. OLG Hamburg v. 24.1.2006, 2 Wx 10/05, ZMR 5/2006, 377

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