Leitsatz

Haftung des Scheinverwalters nach Auftragsrecht (hier: auf Rückzahlung der dem Gemeinschaftskonto entnommenen Beträge für einen eigenmächtig erteilten Pflanzauftrag)

 

Normenkette

§§ 10, 26 und 27 WEG; §§ 662 ff. BGB

 

Kommentar

  1. Ein Eigentümer hat in der Vergangenheit – ohne zum Verwalter bestellt worden zu sein – Verwaltungsaufgaben wahrgenommen und 1999 über zwei Gemeinschaftskonten verfügt. Er veranlasste die Rodung von Tannen an der gemeinschaftlichen Grundstücksgrenze und erteilte eigenmächtig Auftrag zur Anpflanzung dieses Grundstücksbereichs mit Kirschlorbeersträuchern durch ein Landschaftspflegeunternehmen; die Kosten in Höhe von 3.000 DM zahlte er aus Mitteln der Gemeinschaftskasse. Sämtliche neu eingepflanzten Sträucher gingen nach kurzer Zeit ein und wurden im Jahr 2002 durch Koniferen ersetzt. Er wurde auf Rückzahlung von Miteigentümern in Anspruch genommen, behauptete allerdings, dass er mit den Eigentümern "übereinstimmend" die Rodung der Tannen und die Neupflanzung "beschlossen" habe. In 1. Instanz fand er Gehör, in 2. und 3. Instanz wurde er allerdings zu entsprechendem Schadensersatz an die Gemeinschaft (über klarstellende Rubrumsberichtigung) verurteilt.
  2. Nach geänderter Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH v. 2.6.2005, V ZB 32/05, NJW 2005, 2061) und auch dem neuerlich seit 1.7.2007 in Kraft getretenen § 10 Abs. 6 WEG n. F. ist die rechts- und parteifähige Wohnungseigentümergemeinschaft als Inhaberin des geltend gemachten Anspruchs anzusehen, weil dieser zum Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft gehört (§ 10 Abs. 7 WEG n. F.).
  3. Vorliegend bestand mit dem Eigentümer ("Scheinverwalter") ein Auftragsverhältnis im Sinne des § 662 BGB. Danach hat ein Beauftragter auch die Pflicht, mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt das Interesse der Gemeinschaft wahrzunehmen. Ein solcher Auftrag unterscheidet sich von einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis, dem im Unterschied zum Auftrag der Rechtsbindungswille fehlt.

    Auch ein wirksam bestellter Verwalter darf über Konten der Gemeinschaft nur verfügen, soweit ihm dieses gesetzlich oder vertraglich erlaubt ist. Ausgaben aus gemeinschaftlichen Mitteln für bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG a. F. darf ein Verwalter nur tätigen, wenn er hierzu ausdrücklich von der Gemeinschaft ermächtigt worden ist, insbesondere durch einen Mehrheitsbeschluss nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Handelt er dieser Pflicht zuwider, macht er sich schadensersatzpflichtig. Selbst ein ordnungsgemäß bestellter Verwalter wäre nur zum Handeln verpflichtet, wenn er einen Handlungsauftrag aller Wohnungseigentümer erhalten hätte. Vorliegend gab es weder mündliche noch schriftliche Aufträge von allen Miteigentümern.

    Auch konnte vorliegend nicht von gefassten "Beschlüssen" in einer nach § 24 WEG einberufenen Wohnungseigentümerversammlung gesprochen werden, da hier von sog. Scheinbeschlüssen (OLG Hamm, WE 1993, 24) auszugehen war, die keinerlei Rechtswirkungen erzeugten, insbesondere auch nicht für Eigentümer die Pflicht begründeten, solchen "Beschlüssen" bei Übersendung eines Protokolls widersprechen zu müssen. Hier etwa mit allen Beteiligten telefoniert zu haben, ist ein unsubstanziiertes Verteidigungsvorbringen, wie dies schon das LG zu Recht so gesehen hat. Der Eigentümerscheinverwalter hat also eigenmächtig ein Gartenbauunternehmen eingeschaltet und mit den ihm anvertrauten Mitteln der Gemeinschaft beglichen. Schaden ist schon dadurch entstanden, dass sämtliche gelieferten und eingepflanzten Buschheckenpflanzen eingegangen sind; eine den Schaden mindernde Vorteilsausgleichung kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.

  4. Das Gesetz kennt auch im Fall des Auftragsrechts keine Haftungsmilderung, obwohl Aufträge unentgeltlich zu besorgen sind. Damit ist hier auch nicht nur auf die übliche Sorgfalt "in eigenen Angelegenheiten" abzustellen, vielmehr besteht Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit (ständige Rechtsprechung des BGH). Für die Annahme einer möglicherweise stillschweigend vereinbarten Haftungsbeschränkung bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte.
  5. Ausnahmsweise keine außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren, zumal die Vorinstanzen in der Sache unterschiedlich entschieden haben.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 25.10.2007, 15 W 180/07

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