Zweifellos haftet der Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wenn er schuldhaft das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt – sei es durch Beschädigung oder durch Hervorrufen eines besonderen Verwaltungsaufwands. Von praxisrelevanter Bedeutung ist hier die Beantwortung der Frage, ob der schädigende Wohnungseigentümer gerichtlich in Anspruch genommen werden muss oder eine entsprechende Kostenbelastung unbürokratisch über die Jahreseinzelabrechnung möglich ist.

Eine exklusive Belastung des Wohnungseigentümers ist dann unproblematisch möglich, wenn er die Schadensverursachung anerkannt hat oder der Schadensersatzanspruch gerichtlich festgestellt also tituliert ist. Dann kann eine unmittelbare Belastung in der Einzelabrechnung erfolgen.

 
Praxis-Beispiel

Das Tiefgaragenrolltor

Das Rolltor der Tiefgarage war defekt, nachdem der Sohn eines Eigentümers oftmals beim Klettern am Rolltor beobachtet worden ist. Die Reparatur erfolgte im Jahr 2022.

Äußert der Vater, dass er die Kosten übernehmen werde, kann die Einzelbelastung in seiner Einzelabrechnung erfolgen. Bestreitet er die Schadensverursachung, müssen die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden. Während der Dauer dieses Verfahrens sind die Kosten unter allen Wohnungseigentümern nach dem geltenden Kostenverteilungsschüssel zu verteilen.

Verursacht der Sohn also im Jahr 2022 den Schaden, wird die Schadensverursachung bestritten und liegt das Urteil erst im Jahr 2023 vor, hat die Verteilung der entsprechend in 2022 angefallenen Reparaturkosten unter sämtlichen Wohnungseigentümern stattzufinden. Eine Gutschrift zugunsten der Wohnungseigentümer würde im Rahmen der Jahresabrechnung 2023 erfolgen, wenn und soweit der Vater auf das Urteil bezahlt hat oder erfolgreich aus dem Urteil gegen ihn vollstreckt wurde.

 
Praxis-Beispiel

Der Schabenbefall[1]

In einer Wohnung kam es zu einem massiven Schabenbefall, der sich auf andere Wohnungen ausweitete. Der vom Verwalter zu Hilfe gerufene Fachunternehmer, der selbst Sachverständiger ist, lokalisierte die hauptbefallene Wohnung eines Wohnungseigentümers als Ursache. Mit den Kosten der Schabenbekämpfung wurde dieser Wohnungseigentümer exklusiv kostenbelastet. Den Beschluss über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG auf Grundlage der Jahresabrechnung hat er angefochten.

Seine Klage war erfolgreich. Er hatte bestritten, für den Schabenbefall verantwortlich zu sein. Da der vermeintliche Anspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht anerkannt war, musste er zunächst tituliert werden, um die Voraussetzungen einer exklusiven Kostenbelastung zu schaffen. Die Wohnungseigentümer haben über § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG keine Titulierungskompetenz, einzelne Wohnungseigentümer exklusiv mit Kosten zu belasten. Erfolgt im Fall des Bestreitens des mutmaßlichen Kostenverursachers dennoch eine Einzelbelastung in der Jahresabrechnung, bekommt die Eigentümergemeinschaft

  1. kein Geld und hat
  2. die entsprechende Anfechtungsklage verloren.
[1] Fall nach AG Recklinghausen, Urteil v. 11.1.2022, 90 C 30/21.

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