1 Beschäftigung nach der Haftentlassung

Sofern der Haftentlassene nach seiner Entlassung unmittelbar aufgrund eines Arbeitsvertrags für einen Arbeitgeber eine Beschäftigung ausübt, ist er in dieser kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig. Sofern in der nach Haftentlassung aufgenommenen Beschäftigung unmittelbar ein Arbeitsentgelt oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen wird, besteht Krankenversicherungsfreiheit.

Die aus dem Beschäftigungsverhältnis heraus anfallenden Sozialversicherungsbeiträge werden vom Arbeitgeber im üblichen Verfahren abgeführt.[1] Der Arbeitgeber ist für die Abgabe der erforderlichen Anmeldung nach der DEÜV verantwortlich.

Wenn der Haftentlassene nicht innerhalb von 14 Tagen nach Aufnahme der Beschäftigung von seinem Krankenkassenwahlrecht Gebrauch macht, ist für ihn die Krankenkasse zuständig, bei der er zuletzt vor Antritt seiner Haftstrafe versichert gewesen ist.[2]

2 Bezug von Arbeitslosengeld/Bürgergeld nach der Haftentlassung

Bezieht der Haftentlassene unmittelbar nach seiner Entlassung Arbeitslosengeld, ist Versicherungsschutz in der Sozialversicherung durch den Bezug dieser Leistungen ebenfalls gewährleistet. Er ist in diesem Fall kranken-, pflege- und rentenversicherungspflichtig.

Erhält der Haftentlassene unmittelbar nach seiner Entlassung Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II, ist der Versicherungsschutz in der Sozialversicherung auch durch dessen Bezug sichergestellt. Er ist in diesem Fall kranken- und pflegeversicherungspflichtig.

 
Hinweis

Keine Rentenversicherungspflicht

Hinsichtlich des Versicherungsschutzes gilt die Besonderheit, dass der Bezug von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Rentenversicherung keine Versicherungspflicht mehr auslöst; vielmehr gilt der Leistungsbezug als Anrechnungszeit.[1]

2.1 Beitragszahlung/Meldungen

Die Beiträge für die sozialversicherungsrechtliche Absicherung in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung werden von der Bundesagentur für Arbeit bzw. vom jeweiligen Job-Center gezahlt. Diese haben auch die erforderliche Anmeldung gegenüber der zuständigen Krankenkasse vorzunehmen.

2.2 Krankenkassenzuständigkeit/-wahl

Zuständig für die Durchführung der gesetzlichen Krankenversicherung ist in diesen Fällen jeweils die Krankenkasse, bei der zuletzt vor Hafteintritt die Mitgliedschaft bestanden hat. Bestand vorher keine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse, kann sich der Haftentlassene eine der für seinen Wohnort wählbaren Krankenkassen aussuchen.

3 Versicherungsschutz ohne Vorliegen einer anderweitigen Absicherung

In einigen Fällen tritt im Anschluss an die Haftentlassung kein Tatbestand ein, der für sich gesehen zum Eintritt von Sozialversicherungspflicht führt. Hier kommt für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung die Auffangregelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 SGB V zum Zuge.

Danach tritt automatisch Krankenversicherungspflicht ein, wenn kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall vorhanden ist.[1] Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Haftentlassene

  • keine Familienversicherung bei einem als Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Angehörigen beanspruchen kann oder
  • weder Anspruch auf Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II noch Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII geltend machen kann oder will.

3.1 Krankenkassenwahl/-zuständigkeit

Der Haftentlassene muss sich in diesem Fall selbst bei der für ihn zuletzt zuständigen Krankenkasse oder bei seinem zuletzt für ihn zuständigen privaten Krankenversicherungsunternehmen anmelden.

Sofern der Haftentlassene zuvor weder gesetzlich noch privat krankenversichert war, ist die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung gegeben. In diesem Fall kann sich der Haftentlassene eine der für seinen Wohnort wählbaren Krankenkassen aussuchen.

3.2 Beitragstragung

Bei dieser "nachrangigen" Absicherung hat der Haftentlassene die Beiträge für seinen Krankenversicherungsschutz selbst aufzubringen. Die Beitragsbemessung richtet sich für einen in der gesetzlichen Krankenversicherung als Rückkehrer versicherten Haftentlassenen nach den für freiwillige Versicherte maßgeblichen Grundsätzen.[1] Dies hat zur Konsequenz, dass auch dann, wenn der Haftentlassene über keine oder nur geringe Einkünfte verfügt, Beiträge nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage in Höhe von 1/3 der Bezugsgröße entrichtet werden müssen. Dies entspricht im Jahr 2024 einem Wert von mtl. 1.178,33 EUR (2023: 1.131,67 EUR).

4 Versicherungsschutz beim Bezug von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII

Sofern der Haftentlassene nicht die Voraussetzungen für den Anspruch auf Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllt und nach der Haftentlassung Sozialhilfe bezieht, wird der Versicherungsschutz entweder über eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung unter den o. g.[1] Voraussetzungen sichergestellt oder es kommt eine Versicherung in der privaten Krankenversicherung zum Tragen, wenn der Haftentlassene zuvor privat versichert war. Insbesondere dann, wenn der Haftentlassene eine vorrangige Familienversicherung bei einem in der gesetzlichen K...

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