Leitsatz

Gutgläubiger Erwerb eines Sondernutzungsrechts (hier: an einem Kellerraum) trotz zwar unwirksamer Vereinbarung, jedoch im Grundbuch erfolgter Eintragung

 

Normenkette

§§ 10, 13, 14 WEG; § 892 BGB

 

Kommentar

  1. In einem Nachtrag zur Teilungserklärung wurde einer Wohnung ein Sondernutzungsrecht an einem bislang gemeinschaftlich genutzten Kellerraum eingeräumt. Die Begründung dieses Rechts war jedoch nicht rechtswirksam, da die Eigentümer bei Errichtung des Nachtrags zur Teilungserklärung nicht wirksam vertreten wurden. Dennoch wurde das Sondernutzungsrecht nach Meinung des Gerichts vom klagenden Rechtsnachfolger gutgläubig erworben (§§ 873, 892 BGB).
  2. Ein auf einer unwirksamen Vereinbarung basierendes, gleichwohl aber im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht kann gutgläubig erworben werden (so OLG Stuttgart, NJW-RR 1986 S. 318; BayObLG, DNotZ 1990 S. 381; Klein in Bärmann-Ktr., 11. Aufl., § 13 Rn. 127; a.A. Weitnauer DNotZ 1990, S. 385; offengelassen OLG München, NJOZ 2007 S. 4895 = DNotZ 2008 S. 289 Rn. 18; Spielbauer/Then, WEG § 13 Rn. 38 a.E.). Für das Entstehen eines Sondernutzungsrechts ist i. Ü. die Grundbucheintragung nicht konstitutiv (Abramenko in Riecke/Schmid, Fachanwaltskommentar 3. Aufl., § 13 Rn. 33). Dieser Befund rechtfertigt es aber nicht, die Anwendbarkeit des § 892 BGB für das eingetragene, auf eine (unwirksame) Vereinbarung zurückgehende Sondernutzungsrecht zu verneinen (so jedoch Weitnauer, DNotZ 1990, S. 385/390). Es kommt nur darauf an, ob ein betreffendes Recht eintragungsfähig ist. Denn dann nimmt ein einmal eingetragenes Recht auch am öffentlichen Glauben des Grundbuchs gemäß § 891 BGB teil. Das Sondernutzungsrecht nach WEG ist trotz seines Charakters als rein schuldrechtliches Gebrauchsrecht eintragungsfähig, wie sich dies aus § 10 Abs. 3 WEG ergibt. Die Eintragung begründet demnach die Wirkung des auf Vereinbarung beruhenden Sondernutzungsrechts gegenüber Rechtsnachfolgern. Für die Anwendbarkeit des § 892 BGB ist nicht von Belang, dass die Eintragung für das Entstehen des Rechts nicht konstitutiv ist. § 892 BGB unterscheidet nicht zwischen notwendiger und nur möglicher Eintragung. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs gemäß § 891 BGB als Grundlage des redlichen Erwerbs nach § 892 BGB wird vielmehr auch für nicht konstitutive Grundbucheintragungen, die rechtlich zulässig sind, ausgelöst.
  3. Vorliegend war auch nicht ersichtlich, dass die Klägerseite positive Kenntnis vom Nichtbestehen des Sondernutzungsrechts gehabt hätte.
Anmerkung

Zu dieser Thematik darf auch auf OLG Hamm, ZWE 2009 S. 169 verwiesen werden.

Ist – in einem anderen Beispielfall – die Begründung eines Sondernutzungsrechts durch Vereinbarung etwa zu unbestimmt (z.B. hinsichtlich einer EG-Gartenterrasse mangels genauer Lagebezeichnung und nicht erwähnter Flächengröße), kann m.E. trotz Eintragung im Grundbuch unter Bezug auf diese Eintragungsbewilligung kein Terrassen-Sondernutzungsrecht entstanden sein. Die Grundbucheintragung kann hier ohne wirksam entstandenes (wenn auch grds. eintragungsfähiges) Sondernutzungsrecht sicher nicht zur Entstehung eines solchen Rechts kraft guten Glaubens führen. Ein nicht entstandenes Recht kann sicher nicht allein durch Grundbucheintragung ohne nähere eindeutige Hinweise etwa auf einen Aufteilungsplan zur Entstehung gelangen und damit gutgläubig erworben werden; das Grundbuch bedarf in einem solchen Fall berichtigender Löschung von Amts wegen auf Anregung (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO).

Im vorliegend entschiedenen Fall war demgegenüber der betreffende Kellerraum bereits ausreichend abgegrenzt und identifiziert und damit auch entsprechendes Sondernutzungsrecht grundsätzlich eintragungsfähig.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 14.02.2011, 1 S 15864/10

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