Rz. 8

Der gesetzlich verwendete Begriff "Vermögen im Ganzen" ist nach der herrschenden Einzeltheorie[8] so zu verstehen, dass § 1365 BGB auch dann gilt, wenn sich das Rechtsgeschäft auf einen einzelnen Vermögensgegenstand bezieht, dieser im Ergebnis aber nahezu das gesamte Vermögen ausmacht. Für die Frage, ab wann wertmäßig das Vermögen im Ganzen erreicht ist, muss ein Vergleich zwischen dem veräußerten und dem noch vorhandenen Vermögen vorgenommen werden. Bei größeren Vermögen bleibt das Rechtsgeschäft zustimmungsfrei, wenn dem Ehegatten mindestens 10 % des Vermögens verbleiben.[9] Bei kleineren Vermögen liegt diese Grenze bei 15 %. Anders herum gesagt, handelt es sich um eine Verfügung über Vermögen im Ganzen, wenn der verfügende Ehegatte mindestens 90 % (bei größeren Vermögen) bzw. 85 % (bei kleineren Vermögen) weggibt. Der Vermögensbegriff im Sinne des § 1365 BGB ist nach ganz herrschender Meinung begrenzt auf das Aktivvermögen[10], so dass das Nettovermögen als Differenz zwischen Aktiva und Passiva nicht relevant ist. Persönliche Verbindlichkeiten bleiben daher bei der Prüfung, ob das "Vermögen im Ganzen" übertragen worden ist, außer Betracht.

 

Beispiel

Verfügt ein Ehegatte über ein Aktivvermögen von 150.000 EUR bei gleichzeitig bestehenden Verbindlichkeiten von 100.000 EUR, ist bei der Beurteilung, ob das Vermögen im Ganzen betroffen ist, auf die 150.000 EUR abzustellen und nicht etwa auf 50.000 EUR (Differenz zwischen Aktiva und Passiva).

Etwas anderes gilt aber für dingliche Belastungen von Vermögensgegenständen, was insbesondere bei Immobilienvermögen zu berücksichtigen ist. Lange Zeit war umstritten, ob bei der Veräußerung eines Grundstücks ein dem Veräußerer im Zuge der Eigentumsübertragung eingeräumtes Wohnungsrecht als diesem verbliebener Vermögenswert zu berücksichtigen ist und eine Verfügung über das gesamte Vermögen ausschließen kann. Diese Frage hat der BGH inzwischen bejaht.[11]

 

Rz. 9

Laut der Rechtsprechung des BGH[12] handelt es sich bei Vermögenswerten ab 50.000 DM nicht mehr um kleinere Vermögen, wobei bezüglich der Frage, ab wann von einem größeren Vermögen auszugehen ist, innerhalb der Rechtsprechung keine klare Linie verfolgt wird.

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