Leitsatz

Gültiger Vergleichsbeschluss zur Abgeltung anfänglicher Baumängelgewährleistungsansprüche

 

Normenkette

§§ 633 ff. BGB a. F.; § 21 WEG a. F.

 

Kommentar

  1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist berechtigt, anfängliche Baumängelgewährleistungsansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums aus einem Bauvertrag – ggf. auch nur konkludent – an sich zu ziehen und nach entsprechendem Mehrheitsbeschluss eine abschließende Vergleichsvereinbarung mit dem Bauträger abzuschließen. Entscheidend ist hier trotz der Individualität der Ansprüche das Merkmal der Gemeinschaftsbezogenheit der Rechtsausübung bei Baumängeln am Gemeinschaftseigentum. Der einzelne Eigentümer kann seine Rechte allein nur ausüben, soweit die Rechte der anderen Eigentümer nicht tangiert werden und ferner der Bauträger nicht der Gefahr doppelter Inanspruchnahme ausgesetzt ist.
  2. Zum Inhalt einer Vergleichsvereinbarung steht einer Gemeinschaft im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung ein entsprechender Beurteilungsspielraum zu. Vorliegend entsprach der Vergleichsabschluss Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung i. S. d. § 21 Abs. 3 WEG.
Anmerkung

In der wohl nicht zu beanstandenden Entscheidung zum langjährig umstrittenen Konfliktbereich zwischen der Individualität und der Gemeinschaftsbezogenheit anfänglicher Baumängelgewährleistungsansprüche verweist der Senat zu Recht ergänzend auch erneut auf die differenzierende Rechtsprechung des BGH zu den primären und sekundären Gewährleistungsrechten und zur Wahlbefugnis einer Gemeinschaft. Anerkannte Beschränkungen individualrechtlicher Anspruchsmöglichkeiten stellen keinen unzulässigen Eingriff in erwerbsvertragliche Rechte dar, zumal Erwerbern Rechte auf Wandelung bzw. großen Schadensersatz erhalten bleiben, da sich hier die Interessen des einzelnen Eigentümers und der Gemeinschaft insoweit nicht gegenseitig beeinträchtigen (vgl. auch BGH v. 23.2.2006, VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254, 2255).

 

Link zur Entscheidung

Thüringer OLG, Beschluss vom 08.09.2006, 9 W 225/06OLG Jena v. 8.9.2006, 9 W 225/06, ZMR 1/2007, 65

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