Leitsatz

  1. Gültige Vereinbarung, dass die Bestellung eines Verwaltungsbeirats eines allstimmigen Beschlusses bedarf
  2. Änderung einer Vereinbarung durch jahrelange Übung nur in eingeschränkter Weise zulässig (hier: Beiratsbestellung nur durch Mehrheitsbeschluss)
  3. Sondervergütungsregelung für den Verwalter nach Zeit- und Arbeitsaufwand mit bestimmter Stundensatzregelung grundsätzlich zulässig; ein Stundensatz von 130 EUR für den Geschäftsführer einer Verwaltung widerspricht allerdings Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung
  4. Festlegung eines angemessenen Stundensatzes ist ausschließlich Sache der Wohnungseigentümer
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 3, 29 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

  1. Eine in der Gemeinschaftsordnung getroffene Vereinbarungsregelung, nach der die gesetzlich vorgesehene Bestellung eines Verwaltungsbeirats durch Mehrheitsbeschluss (§ 29 Abs. 1 S. 1 WEG) dahin eingeschränkt wird, dass ein Beschluss aller Wohnungseigentümer für erforderlich erklärt wird, kann auch bei größeren Eigentümergemeinschaften nicht als nichtig angesehen werden. Die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung hat der Senat bereits zuvor (BayObLG v. 21.10.1993, 2Z BR 103/93, NJW-RR 1994, 338) bestätigt.
  2. Durch eine jahrelange Übung, einen Verwaltungsbeirat durch unangefochten gebliebenen Mehrheitsbeschluss zu bestellen, wird eine Vereinbarung, nach der hierfür die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich ist, nur dann abgeändert, wenn angenommen werden kann, dass alle Wohnungseigentümer damit auch künftig einen Mehrheitsbeschluss ausreichen lassen wollen. Diese Annahme setzt voraus, dass den Wohnungseigentümern die abweichende Regelung der Gemeinschaftsordnung bekannt ist. Ausreichende Anhaltspunkte für eine solche Annahme lagen hier nicht vor.
  3. Wird dem Verwalter insbesondere für die gerichtliche Geltendmachung gemeinschaftlicher Ansprüche eine Sondervergütung bewilligt, ist es zulässig, diese sich am Wert des Gegenstands ausrichtenden Pauschgebühren nach BRAGO zu berechnen (vgl. BGH v. 6.5.1993, V ZB 9/92, NJW 1993, 1924). Dadurch wird dem Verwalter auch der im Einzelfall schwer zu führende Nachweis seines Zeit- und Arbeitsaufwandes erspart, der zudem von den Eigentümern kaum zu überprüfen ist. Es ist allerdings auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, bei der Bemessung einer solchen Sondervergütung auf den Zeit- und Arbeitsaufwand des Verwalters abzustellen und einen bestimmten Stundensatz festzulegen (vgl. BayObLG v. 3.3.1988, BReg 2 Z 104/87, NJW-RR 1988, 847). Im vorliegenden Fall waren die im angefochtenen Beschluss bestimmten Stundensätze jedoch nicht mehr als angemessen anzusehen. Ein Stundensatz von 130 EUR für den Geschäftsführer einer Verwaltungsgesellschaft ist übersetzt und widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. Gottschalg, ZWE 2002, 200). Das Gleiche gilt für einen Stundensatz von 65 EUR für einen Haustechniker und von 45 EUR für einen Verwaltungssachbearbeiter.
  4. Widerspricht der in einem Eigentümerbeschluss bestimmte Stundensatz Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, ist es allerdings nicht Sache des Gerichts, festzulegen, welcher Stundensatz als angemessen anzusehen ist. Vielmehr müssen hier die Wohnungseigentümer im Rahmen des ihnen zustehenden Gestaltungsspielraums eine sich der Höhe nach in angemessenem Rahmen haltende Sondervergütung selbst beschließen.
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 31.03.2004, 2Z BR 011/04

Anmerkung
  1. Nicht in allen Punkten überzeugt mich dieses Entscheidungsergebnis. Dass eine bauträgerseits von Anfang an in der Gemeinschaftsordnung vorbestimmte Vereinbarungsregelung gültig sein soll, wenn hier auch in größerer Gemeinschaft die Bestellung eines Beirats von einer Beschlussfassung bzw. Zustimmung aller Eigentümer abhängen soll, würde ich im Rahmen einer Inhaltskontrolle aus Billigkeitsgesichtspunkten (§ 242 BGB, Treu und Glauben) als nichtig erachten. Immerhin ist im WEG - wenn auch fakultativ - neben der Eigentümerversammlung (als Entscheidungsträger) und dem Verwalter (als handlungspflichtigem und beschlussausführendem Amtsorgan) das weitere Unterstützungsorgan "Verwaltungsbeirat" ausdrücklich vorgesehen und mit doch wichtigen Kompetenzen ausgestattet. Ein geforderter allstimmiger Beschluss für die Bestellung eines solchen Organs ist in der Praxis bekanntlich kaum erreichbar; somit kann eine solche erschwerte Bestellungsvereinbarung faktisch einem Bestellungsausschluss gleichgestellt werden. Ich kann hier meine Kritik auch zur neuerlich zitierten früheren Entscheidung des Senats vom 21.10.1993 (BayObLG v. 21.10.1993, 2Z BR 103/93) nur wiederholen. Es gibt aus meiner Sicht auch keinerlei nachvollziehbare berechtigte Beweggründe für einen teilenden Bauträger, solche von der gesetzlichen Vorschlagsregelung doch überraschend abweichenden Erschwernisse festzulegen.
  2. Lassen sich geforderte allstimmige Beschlüsse oder Neuvereinbarungen im Sinne des § 10 Abs. 1 und Abs. 2 WEG nicht erreichen, kann es m. E. zumindest als "Lichtblick" angesehen werden, dass unter Umständen durch jahrelange ...

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