Leitsatz

Besondere Nutzungen im Sinne von § 21 Abs. 7 WEG sind solche, die mit einer gesteigerten Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums einhergehen und zumindest bei typisierender Betrachtung den Anfall besonderer Kosten wahrscheinlich machen. Die Festsetzung einer maßvoll bemessenen Umzugskostenpauschale durch Mehrheitsbeschluss nach § 21 Abs. 7 WEG entspricht nur dann den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn die Regelung nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führt.

 

Fakten:

Vorliegend hat ein Eigentümer fünf Wohnungen, die er als möblierte Ferienwohnungen an Touristen und Saisonarbeiter vermietet. Pro Jahr kommen insgesamt etwa 100 Mietverträge zustande. Vergleichbare Vermietungen nimmt allenfalls ein weiteres Mitglied der Eigentümergemeinschaft vor. Insoweit hatten die Eigentümer folgenden Beschluss gefasst: "Die Gemeinschaft beschließt, dass jeder Eigentümer im Falle eines Bewohnerwechsels aufgrund befristeter Nutzungsüberlassung … für mögliche Beeinträchtigungen und eine besondere Abnutzung des Gemeinschaftseigentums eine Kostenpauschale in Höhe von 50 Euro an die Eigentümergemeinschaft zu zahlen hat. Unter den Begriff des Bewohners fallen auch Feriengäste … die das Sondereigentum angemietet haben. Betri der Bewohnerwechsel mehrere Personen, fällt die Kostenpauschale nur einmal an …. Die eingezahlten Beträge sind der Instandhaltungsrücklage zuzuführen …"

Der Beschluss widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Zwar ist die Einführung einer maßvollen Umzugskostenpauschale im Wege eines Mehrheitsbeschlusses durch die Regelung des § 21 Abs. 7 WEG gedeckt. Nach der genannten Vorschrift können die Eigentümer durch Mehrheitsbeschluss unter anderem Regelungen hinsichtlich der Kosten für besondere Nutzungen des Gemeinschaftseigentums treffen. Bereits solche Nutzungen sind dabei besondere im Sinne von § 21 Abs. 7 WEG, die mit einer gesteigerten Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums einhergehen und zumindest bei typisierender Betrachtung den Anfall besonderer Kosten wahrscheinlich machen. Das ist bei Umzügen der Fall.

Allerdings entsprechen pauschalierende und typisierende Regelungen nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Pauschale nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Eigentümer führt. Was die Höhe der Umzugskostenpauschale anbelangt, ist die Grenze der Angemessenheit noch nicht überschritten. Die angegriffene Regelung ist aber deshalb zu beanstanden, weil sie nur Umzüge im Zusammenhang befristet vereinbarter Nutzungsverhältnisse der Pauschale unterwirft und damit Umzüge aufgrund unbefristeter Gebrauchsüberlassungen sowie vor allem auch Umzüge der jeweiligen Eigentümer selbst ausklammert. Der insbesondere bei Mehrheitsbeschlüssen über das Gemeinschaftsverhältnis zum Tragen kommende Gleichbehandlungsgrundsatz lässt zwar Differenzierungen zu, dies aber nur, wenn für die Unterscheidung ein ausreichender Sachgrund besteht. Daran fehlt es hier.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 01.10.2010, V ZR 220/09BGH, Urteil vom 1.10.2010 – V ZR 220/09

Fazit:

Der BGH hat mit dieser Entscheidung die Erhebung von Umzugskostenpauschalen also ausdrücklich als mit den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung vereinbar erachtet. Als angemessene Höhe sind maximal 50 Euro beschließbar. Von wesentlicher Bedeutung aber für die Ordnungsmäßigkeit eines derartigen Beschlusses ist, dass der auch im Bereich des Eigentums geltende Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet wird und einzelne Eigentümer nicht sachfremd gegenüber anderen Eigentümern benachteiligt werden.

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