Leitsatz

Dem Grundbuchvollzug des notariellen Kaufvertrags über ein Wohnungseigentum (hier: Eintragung des bestellten Grundpfandrechts nebst Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung, Vollzug bestimmter Löschungen in Abt. III und sodann Eintragung der Vormerkung) steht nicht entgegen, dass die tatsächliche Bauausführung des errichteten Gebäudes von der nach dem Aufteilungsplan vorgesehenen abweicht, sofern nicht die Planabweichung eine Zuordnung der errichteten Räume zu einer im Aufteilungsplan ausgewiesenen Raumeinheit mangels Abgrenzbarkeit zum gemeinschaftlichen Eigentum und zu sonstigem Sondereigentum unmöglich macht.

 

Normenkette

§§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG

 

Das Problem

  1. Der Aufteilungsplan sieht für das Wohnungseigentum Nr. 3 zwei Loggien vor. Hiervon abweichend wird eine Loggia durch eine Dachfläche mit Velux-Fenster ersetzt. Ferner werden Räume anders als im Aufteilungsplan benannte genutzt und Wände innerhalb des Sondereigentums werden versetzt. Bauträger B veräußert das Wohnungseigentum anschließend an des Ehepaar M und F (zu je ½). Im Erwerbsvertrag wird darauf hingewiesen, es sei nur eine Loggia vorhanden.
  2. Die Vertragsparteien bewilligen die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des M und F zustehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums. Außerdem bestellen M und F – unter Ausnutzung der ihnen im Kaufvertrag von B erteilten Belastungsvollmacht – mit einer weiteren notariellen Urkunde eine Grundschuld zugunsten der C-Bank.
  3. B, M und F und C beantragen die Eintragung des Grundpfandrechts nebst Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung, den Vollzug bestimmter Löschungen in Abt. III und die Eintragung der Vormerkung. Das Grundbuchamt beanstandet als Eintragungshindernis, die Bauausführung entspreche nicht dem Aufteilungsplan: Es fehle an einer zweiten Loggia. Gegen diese Ansicht wenden sich B, M und F und C.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Das vom Grundbuchamt gesehene Eintragungshindernis bestehe nicht. Die Entstehung von Sondereigentum werde grundsätzlich nicht dadurch gehindert, dass die tatsächliche Aufteilung des errichteten Gebäudes von der nach dem Aufteilungsplan vorgesehenen abweiche. Ein im Aufteilungsplan vorgesehenes Sondereigentum gelange nur dann nicht wirksam zur Entstehung, wenn es gegen sonstiges Sondereigentum und gegen das gemeinschaftliche Eigentum nicht mehr eindeutig abgrenzbar sei; mit anderen Worten müsse die Art und Weise der Planabweichung es unmöglich machen, die errichteten Räume einer in dem Aufteilungsplan ausgewiesenen Raumeinheit zuzuordnen (Hinweis unter anderem auf BGH v. 20.11.2015, V ZR 284/14, NJW 2016 S. 473 und BGH v. 20.5.2011, V ZR 99/10, NJW 2011 S. 3237). So liege es nicht. Denn im Fall sei auch unter Berücksichtigung der Abweichungen vom Aufteilungsplan eindeutig, welche Räume zum Sondereigentum gehörten.
  2. Es erscheine bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine Planabweichung im rechtlich erheblichen Sinne, das heißt gemessen an der sachenrechtlichen Abgrenzungsfunktion des Aufteilungsplans, vorliege. Das sei hinsichtlich der geänderten Nutzungen (Schlafen, Küche, Kind) sicherlich nicht der Fall. Dies würde auch im Hinblick auf die Wände gelten. Anders verhalte es sich auch nicht in Bezug auf die der Verlegung der Küche; selbst wenn hierfür eine Verlegung von Rohren und Zuleitungen innerhalb von im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Wänden erforderlich gewesen sein sollte, gebe ein Aufteilungsplan über derartige Umstände keinen Aufschluss – und solle es auch nicht.
  3. Zweifelhaft könnte die Planabweichung allenfalls wegen Wegfalls der Loggia sein. Hierdurch habe das Gebäudedach einen anderen Verlauf, als im Plan vorgesehen. Es spreche alles dafür, dass die Größe des Sondereigentums bei einem "normal" abfallenden Dach mit Veluxfenster geringer sei gewesen als unter Einbeziehung der Grundfläche der Loggia.
  4. Auf diese Erwägungen käme es aber nicht entscheidend an. Denn selbst wenn mit Blick auf die Loggia eine rechtliche relevante Abweichung der tatsächlichen Bauausführung vom Aufteilungsplan vorliegen sollte, sei – wie zuvor gezeigt – das Sondereigentum nach Maßgabe des zur Eintragung in das Grundbuch gelangten Aufteilungsplans entstanden, und zwar unabhängig davon, ob man die Abweichung als wesentlich oder unwesentlich ansehe.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Bei der Auslegung von Grundbucheintragungen ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Eintragung sowie der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergeben. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang eines Grundstücksrechts nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind. Danach ist für die Abgrenzung des Sondereigentums nicht die tatsächliche Bauausführung, sondern der Aufteilungsplan maßgeblich.
  2. Der Aufteilungsplan soll sicherstellen, da...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge