Leitsatz

  1. Erwerb von Immobiliareigentum durch die Gemeinschaft stellt unter bestimmten Voraussetzungen eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung dar
  2. Grundbuchfähigkeit der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft
  3. Fragen ordnungsgemäßer Verwaltung hat nicht das Grundbuchamt zu klären, sondern nur das Wohnungseigentumsgericht im Rahmen von Beschlussanfechtungsklageverfahren
 

Normenkette

§§ 10, 21, 46 WEG; § 80 GBO

 

Kommentar

  1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist – entgegen der Auffassung von Land- und Amtsgericht – infolge der Entscheidung des BGH v. 2.6.2005 (NZM 2005, 543) zur bejahten Teilrechtsfähigkeit auch als grundbuchfähig anzusehen. Sie muss nicht nur etwa in Bezug auf die Eintragung bestimmter Belastungen (wie Zwangshypotheken) als grundbuchfähig angesehen werden, vielmehr unter bestimmten Voraussetzungen auch im Hinblick auf die Eintragung als Sondereigentümerin; die Erwerbsvoraussetzungen zu überprüfen obliegt allerdings nicht dem Grundbuchamt. Auch im Rahmen des Verbandszwecks der Wohnungseigentümergemeinschaft kann es Fälle geben, in denen es zu den Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung gehört, Immobiliarvermögen zu erwerben (noch a.A. LG Nürnberg-Fürth v. 19.6.2006, ZMR 2006, 813 mit Anmerkung W. Schneider). Auch im Zwangsversteigerungsverfahren ist es nicht Sache des Vollstreckungsgerichts, zu entscheiden, ob eine Maßnahme der Gemeinschaft als solche ordnungsgemäßer Verwaltung anzusehen ist. Diese Feststellungen zu § 21 Abs. 4 WEG hat allein im Rahmen einer Anfechtungsklage nach § 46 WEG das Wohnungseigentumsgericht zu treffen. Werden Beschlüsse ohne Anfechtung bestandskräftig, müssen sie auch vom Grundbuchamt und von Vollstreckungsgerichten beachtet werden.
  2. Dass insoweit überstimmte Miteigentümer auch die Lasten durch die Gemeinschaft erworbenen Immobiliareigentums zu tragen hätten, ist in Konsequenz die notwendige Folge der der Gemeinschaft verliehenen Teilrechtsfähigkeit in Bezug auf die Organisation ihrer eigenen Aufgaben und die Fähigkeit, im Rahmen der Verwaltung Rechte zu erwerben und Verpflichtungen einzugehen.
  3. Inzwischen wurde einer Gemeinschaft durch die Gesetzesreform in § 10 Abs. 6 WEG n.F. auch ausdrücklich das Recht verliehen, im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte zu erwerben und Verpflichtungen einzugehen (vgl. hierzu auch Wenzel, ZWE 2006, 462; ebenso die ganz überwiegend vertretene Auffassung in der aktuellen Fachliteratur). Das Verwaltungsrecht einer Gemeinschaft muss sich nicht nur auf das bereits vorhandene Vermögen beziehen, sondern betrifft die gesamte Teilnahme am Rechtsverkehr im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Hierzu kann auch der Erwerb von Wohnungs- und Teileigentum gehören, wie etwa in Fällen des Erwerbs einer Hausmeisterwohnung oder eines im Teileigentum stehenden Raums als Aufenthaltsraum für Pflegepersonal, als Verwaltungs- oder Geräteraum, als Abstellplatz für Kraftfahrzeuge, Fahrräder oder Mülltonnen. Auch ist an die Ersteigerung einer Einheit zur Vermeidung künftiger Wohngeldausfälle zu denken oder zur Weiterführung eines Restaurant- und Bäderbetriebs eines Kurzentrums (BayObLG, NZM 1998, 1012/1013). Auch der Erwerb von Wohnungseigentum aufgrund Wohngeldzahlungsschwierigkeiten des Eigentümers kann im Interesse gemeinschaftlicher Verwaltung liegen, um Wohngeldzahlungen sicherzustellen. Auch im Entziehungsverfahren kann ein Erwerb durch die Gemeinschaft sachdienlich sein, sollte sich kein anderer Erwerber finden. In all den Fällen muss die Teilnahme der Gemeinschaft am Rechtsverkehr nicht darauf beschränkt sein, lediglich Wohngelder zu verwalten und für die Erfüllung der Grundbedürfnisse einer Gemeinschaft zu sorgen, sondern kann vielmehr auch den Zweck verfolgen, die Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft zu sichern.
  4. Damit muss auch die Grundbuchfähigkeit der Gemeinschaft anerkannt werden (vgl. hierzu auch Demharter, NZM 2005, 601 und ZWE 2005, 357 sowie Häublein, ZWE 2007, 474/478). Allerdings hat das Grundbuchamt nicht zu prüfen, ob der Immobiliarerwerb einer Gemeinschaft im Rahmen der Erfordernisse ordnungsgemäßer Verwaltung liegt (so auch Häublein, ZWE 2007, 474/478 und W. Schneider, ZMR 2006, 813/816). Wie ausgeführt, liegt die Prüfungskompetenz allein bei den Wohnungseigentumsgerichten im Rahmen möglicher Beschlussanfechtungen. Würde man hier eine Überprüfung auch den Grundbuchämtern übertragen, käme man zwangsläufig zu einer doppelten Überprüfung, mit der möglicherweise sogar die Bestandskraft einer Versammlungsbeschlussfassung unterlaufen werden könnte, weil dann im Grundbuchverfahren erneut darzulegen wäre, aus welchen Gründen der Erwerb von Immobiliareigentum Maßgaben ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Grundbuchämter haben Beschlussfassungen der Eigentümerversammlung als ordnungsgemäß ergangen hinzunehmen. Gleiches gilt auch für Vollstreckungsgerichte im Rahmen von Zwangsversteigerungsverfahren.
Anmerkung

Insoweit handelt es sich wohl um di...

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