Ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme in das Grundbuch hat jeder Wohnungseigentümer. Regelmäßig aber sind Wohnungseigentümer nur zur Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I der Wohnungsgrundbücher anderer Mitglieder der Gemeinschaft berechtigt, nicht aber zur Kenntnisnahme der Belastungen in Abteilung II und III.[1] Der Verwalter hat ebenfalls ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme der Wohnungsgrundbücher, was insbesondere im Fall von Hausgeldrückständen von Bedeutung ist.[2] Ein Einsichtsrecht in Abteilung III besteht für einen Wohnungseigentümer ausnahmsweise dann, wenn die Wohnungseigentümer vertraglich die Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart haben und diese nicht vollzogen werden kann, weil in einem der Wohnungsgrundbücher eine Belastung eingetragen ist.

 
Praxis-Beispiel

Einsichtsrecht bei Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Wohnungseigentümer vereinbaren in einem notariellen Vertrag die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Allerdings kann diese längere Zeit nicht vollzogen werden, weil im Wohnungsgrundbuch eines Eigentümers eine Bauhandwerkersicherungshypothek eingetragen ist. Die anderen Wohnungseigentümer haben in einem derartigen Fall das Recht, das Wohnungsgrundbuch dieses Eigentümers einzusehen, damit sie erfahren können, wer der Gläubiger ist, sodass sie mit diesem die Hindernisse zum Vollzug des Aufhebungsvertrags ausräumen können.

Im Übrigen muss das Interesse an einer Einsichtnahme nicht unbedingt ein rechtliches sein, es genügt vielmehr auch ein wirtschaftliches oder auch ein familiäres Interesse. Dies muss auch nicht bewiesen werden, es genügt, dass das berechtigte Interesse schlicht dargelegt wird. Aus diesem Grund haben beispielsweise auch die Mieter des Sondereigentums ein Einsichtsrecht, um sich etwa wegen der Eigentümerstellung des Vermieters zu erkundigen.

Eingesehen werden kann das Grundbuch persönlich oder durch einen Bevollmächtigten. Ein Nachweis der Vollmacht kann, muss aber nicht verlangt werden. Die von einem Rechtsanwalt begehrte Einsicht in die Grundakten zur Ermittlung des Umfangs einer die Wohnungseigentümer belastenden Dienstbarkeit, kann nur dann von dem Nachweis der Legitimation des Verwalters abhängig gemacht werden, wenn an der wirksamen Bevollmächtigung des Rechtsanwalts durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begründete Zweifel bestehen. In aller Regel benötigt der Rechtsanwalt demnach keine schriftliche Vollmacht seitens des Verwalters.[3]

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