Zusammenfassung

 
Überblick

Die Zahl nichtehelicher Partnerschaften ist steigend. Da gesetzliche Regelungen hierfür fehlen, ist ein Partnerschaftsvertrag jedenfalls dann sinnvoll, wenn größere Investitionen getätigt werden. Kommt es zur Trennung, können nach der neuen Rechtsprechung des BGH Ausgleichsansprüche leichter geltend gemacht werden als früher.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Bei einer Trennung können die Vorschriften zur ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) und zur Auseinandersetzung bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 730 ff. BGB) zum Tragen kommen. Lösungsmöglichkeiten bieten auch die Vorschriften zum Erbvertrag (§ 1941 BGB) und zum Testament (§§ 2064 ff. BGB).

In 2 Urteilen hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung zum Ausgleich von Zuwendungen und für Arbeitsleistungen nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft maßgeblich geändert. Diese Urteile jeweils vom 9.7.2008 tragen die Aktenzeichen BGH, XII ZR 179/05 und BGH, XII ZR 39/06.

1 Zusammenleben ohne Trauschein

1.1 Kein rechtlicher Rahmen

Auf dem Vormarsch

In zunehmendem Maß entscheiden sich Paare für eine nichteheliche Partnerschaft, weil sie aus bestimmten Gründen (noch) nicht heiraten wollen oder – etwa bei noch verheirateten Partnern – nicht heiraten können.[1] Die Statistik zählt inzwischen über 3 Mio. Paare, davon rund ein Drittel mit Kindern im Haushalt.[2]

Damit hat die tatsächliche Bedeutung der nichtehelichen Familie als weitere Familienform neben der ehelichen Familie erheblich zugenommen.[3] In aller Regel treffen die Partner dabei gemeinsame Vermögensdispositionen bis hin zum Erwerb von Grundbesitz. Über die rechtlichen Konsequenzen machen sie sich leider nur selten hinreichend Gedanken, vor allem zu dem eigentlichen Problem: Was geschieht, wenn die Verbindung auseinandergeht oder ein Partner stirbt?

Gesetzeslücke

Bislang wies unser Rechtssystem nur für die Ehe konkrete Regeln auf. Zwar wurde das neue "Lebenspartnerschaftsgesetz" geschaffen, das gleichgeschlechtlichen Paaren nach Eintragung in ein Register die Annäherung an den ehelichen Status ermöglichte.[4] Da dieses Gesetz jedoch nicht für heterosexuelle Paare gilt und auch die Vorschriften über die Ehe nicht entsprechend auf die nichtehelichen Lebensgemeinschaften anwendbar sind, werden die meisten Partnerschaften weiterhin auf ungesichertem rechtlichem Boden leben müssen:[5]

 
Praxis-Beispiel

Nachteile für nichteheliche Partnerschaften

  • Beispiele

    Für die Aufnahme eines Lebensgefährten in eine gemietete Wohnung bedarf der Mieter der Erlaubnis des Vermieters.[6]

  • Eine Grunderwerbsteuerbefreiung analog § 3 Nr. 4 GrEStG besteht auch bei einer eheähnlichen Gemeinschaft mit Kindern nicht.[7]
  • Auch langjährig zusammenlebende Paare werden im Rahmen der Schenkung- und Erbschaftsteuer wie Fremde behandelt und fallen deshalb in die Steuerklasse III. Ihnen steht nur ein allgemeiner Freibetrag von 20.000 EUR innerhalb von 10 Jahren zur Verfügung.[8]
  • Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments ist nicht möglich.[9]
  • Die (frühere) Hausratsverordnung, nunmehr im Wesentlichen geregelt in §§ 1568a und b BGB, ist auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht anwendbar.[10]

Vertrag ratsam

Allerdings hat die Rechtsprechung, insbesondere der BGH, einige Grundsätze aufgestellt, nach denen ausnahmsweise zur Vermeidung besonderer Härten Ausgleichsansprüche bestehen können.

 
Wichtig

Höheres Risiko

Doch schon jetzt muss darauf hingewiesen werden: Die größere Freiheit in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird mit höheren Risiken "erkauft"! In vielen Fällen ist daher ein Partnerschaftsvertrag empfehlenswert.[11]

[1] Zu einem solchen Fall BGH, Urteil v. 31.10.2007, XII ZR 261/04, NJW 2008 S. 443 = FamRZ 2008 S. 247 mit Anmerkung Grziwotz.
[3] BVerfG, Beschluss v. 26.3.2019, 1 BvR 673/17, NJW 2019, S. 1793, Rn. 98.
[4] Vgl. dazu die gesonderte Darstellung.
[5] Zu den Rechten und Pflichten beim nichtehelichen Zusammenleben vgl. eingehend Grziwotz, MDR 2018, S. 833.
[6] Auf die Erteilung der Erlaubnis hat er im Regelfall einen Anspruch, BGH, Urteil v. 5.11.2003, VIII ZR 371/02, NJW 2004 S. 56 = FamRZ 2004 S. 91.
[7] BFH, Urteil v. 25.4.2001, II R 72/00, NJW 2001 S. 2655.
[8] Grziwotz, FPR 2013, S. 326, 327.
[9] Grziwotz, FamRZ 2006, S. 1069, 1072 m. w. N.
[10] OLG Hamm, Beschluss v. 11.4.2005, 4 WF 86/05, FamRZ 2005 S. 2085 = NJW-RR 2005 S. 1168; dazu Grziwotz, FamRZ 2009, S. 750 mit Beispielen aus der Rechtsprechung zur Wohngemeinschaft.
[11] Dazu unten Abschn. 5.

1.2 Umfassender Begriff

Was ist eine "nichteheliche Lebensgemeinschaft"?

Der Begriff "nichteheliche Lebensgemeinschaft" wird nicht immer einheitlich verwendet. Grundsätzlich fallen hierunter nicht nur Gemeinschaften zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern und zwischen Verwandten. Die von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle betreffen in aller Regel die gemischtgeschlechtliche Partnerschaft. Mitunter ist dann im engeren Sinn von "eheähnlicher Gemeinschaft" die Rede[1], während gleichgeschlechtliche Verbindungen als "partnerschaftsähnlic...

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